Berner Zeitung vom 28.10.2011
Langenthal · Genau heute in einem Jahr wählt Langenthal Gemeinderat und Stadtrat neu.
Die Resultate der Nationalratswahlen zeigen: SVP und SP sind praktisch gleich stark. FDP und EVP sind im Sinkflug, BDP und Grünliberale hingegen im Steigflug. Nach der Wahl ist vor der Wahl: Kaum sind die nationalen Parlamentswahlen vorbei, rüsten sich die Langenthaler Parteien für den nächsten Wahlkampf. Genau heute in einem Jahr, am 28. Oktober 2012, finden die Gesamterneuerungswahlen für das Stadtpräsidium, die Regierung (Gemeinderat) und das Parlament (Stadtrat) für die Amtsdauer vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2016 statt. Eine Analyse der Langenthaler Resultate der letzten Wahlen auf nationaler, kantonaler und kommunaler Ebene (siehe Tabelle) zeigt: Auch in Langenthal legen BDP und Grünliberale (GLP) auf Kosten der anderen Parteien stark zu.
Nimmt man die Wähleranteile der Nationalratswahlen 2011, so sind SVP und SP in der Stadt mit einem Wähleranteil von 22,5 respektive 22,7 Prozent im Moment praktisch gleich stark. Die SVP hat im Vergleich zu den eidgenössischen Wahlen 2007 zwar fast 6 Prozent Wähleranteil verloren. Konkret von 28,1 auf 22,5 Prozent. Das ist wohl primär auf die in der Zwischenzeit neu gegründete BDP zurückzuführen. Im Vergleich zu den Stadtratswahlen 2008 und den Grossratswahlen 2010 ist die SVP aber ungefähr gleich stark geblieben.
Das gilt auch für die SP. Ihr Wähleranteil in der Stadt Langenthal schwankt seit 2007 zwischen 23,1 und 21,8 Prozent.
Die Fraktionspartner der Sozialdemokraten im Stadtrat, die Grünen, hingegen spüren die Konkurrenz der GLP. Kamen die Grünen bei den Nationalratswahlen 2007 noch auf einen Wähleranteil von 10,8 Prozent, so waren es bei den Wahlen danach 3 bis 4 Prozent weniger. Am Sonntag kamen die Grünen in Langenthal auf 7,7 Prozent.
Die Grünliberalen hingegen legen seit den Stadtratswahlen 2008, als sie zum ersten Mal angetreten waren, kontinuierlich zu. Von 0 auf 4,8 Prozent gestartet, haben sie nun bei den Nationalratswahlen einen Wähleranteil von 5,7 Prozent erreicht. Das ist noch etwas mehr als auf kantonaler Ebene (5,3 Prozent) und über 1 Prozent mehr als im ganzen Oberaargau (4,6 Prozent).
Im Gegensatz dazu ist die BDP in der Stadt Langenthal mit einem Wähleranteil von 12,1 Prozent schwächer als im ganzen Oberaargau (15,9 Prozent) und kantonsweit (14,9 Prozent). Das hängt wohl damit zusammen, dass die BDP in Langenthal praktisch inexistent ist. Doch im Vergleich zu den Grossratswahlen 2010 – der ersten Wahl für die BDP – hat sie in der Stadt von 11,3 auf 12,1 Prozent zugelegt. Sie ist damit hinter SP, SVP und FDP die viertstärkste Partei.
Schwierige Lage für die FDP
Stellt sich die Frage, auf wessen Kosten GLP und BDP gewinnen. Ein Blick auf die Tabelle zeigt: Nebst des Anfangsverlusts der SVP verlieren jetzt vor allem die FDP, aber auch die EVP. Die FDP hat auch in Langenthal, einer traditionell liberalen Hochburg, massiv verloren. Bei den Nationalratswahlen 2007 kam sie zusammen mit den Jungliberalen auf einen Wähleranteil von 22 Prozent – am Sonntag waren es nur noch 16,7 Prozent.
Bei den Stadtratswahlen 2008 erreichte die FDP ungefähr den gleichen Wähleranteil wie bei den Nationalratswahlen 2007. Die Jungliberalen (JLL) hingegen schneiden bei den Stadtratswahlen jeweils etwas besser ab als bei nationalen oder kantonalen Wahlen. Das hängt damit zusammen, dass sich bei den städtischen Wahlen Wählende und Kandidierende oft persönlich kennen. Somit sind oft die Namen auf der Liste und nicht die Parteibezeichnung wahlentscheidend. Dies trifft in Langenthal auf die Jungliberalen in besonderem Masse zu. Nichtsdestotrotz drohen der FDP und ihrer Jungpartei 2012 Verluste.
Auch die EVP erzielt bei kommunalen Wahlen jeweils mehr Stimmen als bei nationalen. Dennoch muss die EVP damit rechnen, bei den städtischen Wahlen 2012 bis zu 2 Prozent Wähleranteil zu verlieren. Denn am Sonntag kam sie in Langenthal mit 4,8 Prozent nur noch auf Rang 7. 2007 hatte sie noch 6,6 Prozent aller Stimmen auf sich vereint, bei den Stadtratswahlen 2008 und den Grossratswahlen 2010 gar 9,5 respektive 8,7 Prozent.
Und die Pnos?
Bleibt die Frage, ob es der rechtsextremen Pnos (Partei national orientierter Schweizer) erneut gelingen wird, einen Sitz im Langenthaler Stadtrat zu erobern. Sie schaffte dies 2008 und 2004 mit einem Wähleranteil von 2,6 respektive 2,4 Prozent. Doch bei den Grossratswahlen 2010 und am vergangenen Sonntag kam sie in Langenthal nur noch auf 1,5 respektive 0,6 Prozent und war chancenlos. Dominic Ramel