Thurgauer Zeitung. Am vergangenen Dienstag versuchte der Weinfelder Neonazi Gabriel G. aus einem Turiner Gefängnis auszubrechen. Der Fluchtversuch misslang derart, dass der «Rambo Svizzero» von der Feuerwehr gerettet werden musste. Zudem tischte er der italienischen Justiz im Verhör eine irre Räuberpistole auf.
Der in Weinfelden wohnhafte Neonazi Gabriel G. sorgt in Italien erneut für Schlagzeilen. Letzten Dienstag unternahm der 31-jährige Amokfahrer einen Fluchtversuch aus dem Turiner Gefängnis «Lorusso Cutugno», in welchem er seit letztem Oktober einsitzt.
Wie die italienische Zeitung «La Stampa» berichtete, kletterte G. zuerst mit blossen Händen über die Mauer des Durchgangshofs im Block A, bevor er sich an der Fassade über die Aussengitter der Zellen bis zum dritten Stock des Pavillons C hoch hangelte. An dieser Stelle kam er nicht mehr weiter und rief offenbar um Hilfe. Aufgrund der Höhe musste er von der Feuerwehr mit der Drehleiter aus seiner misslichen Lage gerettet werden.
Amokfahrt am Lago Maggiore
Im vergangenen Oktober hielt G. die Carabinieri mehrmals in Atem: Am 8. Oktober machte der Weinfelder einen Ausflug nach Italien, wo er gemäss Kameraaufzeichnungen die Tessiner Grenze bei Cannobio überquerte. Auf der Seeuferstrasse SS33 von Arona Richtung Norden flippte G. aus und machte regelrecht Jagd auf die anderen Autofahrer. Er versuchte, diese zu rammen und von der Strasse abzudrängen. Bei dieser rücksichtslosen Fahrt beschädigte er 15 Autos. Vier Personen, darunter eine Mutter mit ihrem kleinen Mädchen, erlitten dabei einen leichten Schock.
Danach hielt er mit seinem schwarzen VW Golf an einer Tankstelle bei Meina und zog einen alten Schweizer Armeekarabiner mit aufgestecktem Bajonett aus dem Auto. Auf der Überwachungskamera ist deutlich zu erkennen, wie Gabriel G. mit nacktem Oberkörper seine Waffe auf Passanten und Autofahrer richtet.
Nazisymbolik und Kokain
Nachdem er die Tankstelle verlassen hatte, setzte er seine Amokfahrt fort, bis er vor der Stadt Stresa die Kontrolle über sein Fahrzeug verlor und an einer Leitplanke zum Stehen kam. Nachdem er sich mit zahlreichen bewaffneten Polizisten konfrontiert sah, gab sich G. geschlagen.
Im Auto des Übeltäters fanden die Polizisten ein Banner mit Reichsadler und Hakenkreuz sowie 45 Patronen des Kalibers 223 und weitere Nummernschilder mit Schweizer Kennzeichen. Schnell war für die Polizei klar: Der Amokfahrer aus Weinfelden ist bei den Schweizer Behörden aktenkundig und mehrfach vorbestraft. Das Fahrzeug gehörte ihm nicht und auch die Kennzeichen waren als gestohlen gemeldet. Spätere Analysen im Krankenhaus von Verbania ergaben, dass Gabriel G. bei der Verhaftung Kokain im Blut hatte.
Angebliche Waffendeals auf Zypern
Wie die italienische Zeitung «La Stampa» berichtet, kam es wenige Tage später nach der gerichtlichen Anhörung im Gefängnis von Verbania zu wüsten Szenen: Gabriel G.* griff fünf Gefängnispolizisten an und verletzte diese. Vicente Santilli, Regionalsekretär einer autonomen Gewerkschaft von Gefängnisbeamten, sagte zu «La Stampa»:
«Das Schlimmste konnte abgewendet werden, aber sie wurden verletzt und mussten ins Krankenhaus.»
Nach diesem erneuten Gewaltausbruch wurde der Verhaftete nach Turin verlegt, wo es eine spezielle psychiatrische Abteilung für Gefangene gibt. Dort tischte er dem Richter eine irre Geschichte auf: Er sei ein Waffenhändler und müsse nach Zypern, um einen Deal abzuschliessen.
Bereits 2016 kam es vor dem Bezirksgericht Frauenfeld zu einem Prozess gegen Gabriel G. Laut dem damaligen Urteil wurde G. unter anderem wegen mehrfacher einfacher Körperverletzung, Vergehens gegen das Waffengesetz, der mehrfachen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte sowie Sachbeschädigung angeklagt.