Auch dieses Jahr werden am Juniwochenende mehrere Hundert Schweizer Neonazis gemeinsam mit bürgerlichen FestbesucherInnen die Schlachtfeier  in der zentralschweizer Kleinstadt Sempach begehen. Die Kantonsregierung Luzern, welche den Anlass organisiert, will auch weiterhin zusammen mit den Neonazis feiern.
Die Stadt Sempach liegt nur einen Steinwurf (16km) vom touristisch beliebten Luzern entfernt und wird gepriesen als «ideales Ausflugs-, Wander- und Erholungsgebiet» mit «landschaftlichen Schönheiten sowie kulturellen und historischen Sehenswürdigkeiten» (www.sempach.ch). Sempach ist auch der Ort, wo 1386 eine entscheidende Schlacht zwischen Stadt- und Talgemeinden einerseits und den Rittergesellschaften unter Herzog Leopold III. andererseits ausgetragen worden war.  Die Mythen und Heldengeschichten rund um dieses historische Ereignis dienen dem Schweizer Nationalismus seit Ende des 19. Jahrhunderts zur Konstruktion einer nationalen Identität.
Die Delegation der Nazi-Patrioten
Seit 2003 nimmt die Teilnehmerzahl von rechtsextremen Festgängerinnen und Festgängern an der Schlachtfeier bei Sempach jedes Jahr zu. Aufmarschieren tut ein bekannter Personenkreis, der klar dem rechtsextremen und neonazistischen Lager zugeordnet werden kann. Personen, die sich offen zum Nationalsozialismus bekennen, die an internationalen Neonazitreffen reisen und die teilweise bereits wegen rassistisch motivierter Straftaten belangt worden sind. Diese Teilnehmerinnen und Teilnehmer  marschierten letztes Jahr mit NS-Symbolen wie SS-Totenköpfen, Odal- und Sig-Runen, und «Heil Hitler»-Sprüchen in Sempach auf. Ihre Rituale an der Feier sind mittlerweile bereits zum inoffiziellen zweiten Teil des Festaktes geworden. So stellt sich die Delegation der Neonazis jeweils in strenger Formation bei Winkelried-Gedenkstein auf, singt die alte Nationalhymne «Heil dir Helvetia» und legt mit viel Pathos einen Kranz nieder. Die Organisatoren und anderen Festbesucher lehnen die Präsenz der Neonazis nicht ab, sondern – im Gegenteil – begrüssen diese mehrheitlich.
«Heil Hitler» ist nicht politisch?
Dieses Verhalten kann nicht erstaunen. In einem Land, das mit fast 30 Prozent der Wählerstimmen die rechtspopulistische Partei SVP unterstützt, scheint noch vieles möglich zu sein. Rechtsextremismus und Neonazismus bleibt in breiten Bevölkerungskreisen unreflektiert. Solange sich Rechtsextreme «friedlich» verhalten, darf ungestört auch dem Nationalsozialismus gehuldigt werden. Sempach ist dafür ein gutes Beispiel: Stören tun hier nicht die Neonazis, sondern vielmehr diejenige, die sich an den Neonazis stören.
Dieses Jahr reichte die JUSO (Jungpartei der Sozialdemokraten) ein Demonstrationsgesuch für eine Veranstaltung gegen Rechtsextremismus ein. Der Sempacher Gemeinderat befürchtet nun plötzlich, die Feier könne zur «politische Plattform» missbraucht werden. Dies ist mehr als zynisch, da die Neonazis die Veranstaltung seit Jahren als politische Plattform nutzen. Der JUSO wurde deshalb nur eine zeitlich begrenzte Platzkundgebung mit vielen Auflagen bewilligt, so dass die Neonazis und die restlichen FestbesucherInnen auch weiterhin „ungestört“ bleiben.
Weitere Informationen zum Thema
Pressemitteilung des Autonomen Medienkollektivs Freiburg:Â http://ch.indymedia.org/de/2008/07/61968.shtml
Mitteilung der JUSO zum Demonstrationsgesuch:Â http://www.juso.ch/index.php?option=com_content&task=view&id=251&Itemid=25
Für Fragen stehen wir Ihnen gerne per Mail zur Verfügung info_at_antifa.ch
Freundliche Grüsse
Antifa Bern