Tages-Anzeiger. Die Zürcher Stadtregierung muss prüfen, ob und wie an Schulen ab der Mittelstufe «regelmässig und wiederkehrend» eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Themen Rechtsextremismus und menschenverachtende Ideologien stattfinden kann. Dies verlangt ein Postulat von SP, Grünen und GLP, das der Gemeinderat am Mittwoch mit 68 zu 49 Stimmen an den Stadtrat überwiesen hat.
Unterwanderung stoppen
Eine wirksame Massnahme zur Prävention gegen rechtsextreme Tendenzen sei regelmässige Bildung, begründeten die drei Parteien den Vorstoss. So könnten Unterwanderungsstrategien rechtsextremer Bewegungen unterbunden werden, die gezielt Anschluss an die Mehrheitsgesellschaft suchten.
Eine regelmässige Auseinandersetzung mit dem Thema soll das nötige historische Bewusstsein für den Faschismus stärken, über die vom Rechtsextremismus ausgehenden Gefahren informieren sowie den Umgang im Alltag mit menschenverachtenden Ideologien verbessern.
Hipster-Look statt Springerstiefel
Lehrpersonen und Schulen sollten dabei von externen Expertinnen unterstützt werden, heisst es im Postulat weiter. Ein «qualitativ hochstehendes Bildungsangebot» soll dazu beitragen, dass die Entstehung, der Auftritt und die Wandelbarkeit rechtsextremer Ideologien den Jugendlichen bekannt gemacht und einzelne Organisationen samt ihrem Auftreten geläufig werden.
Elemente wie Sport, Musik oder Kleidungsstil spielten dabei eine zentrale Rolle, heisst es im Postulat. Rechtsextreme Gruppierungen legten Wert darauf, dass ihr Habitus mehrheitsfähig erscheine. Statt mit Glatzen und Springerstiefeln träten sie vermehrt als Hipster in Erscheinung.
Sensibilisierung als «wirksamster Hebel»
Für Dominik Waser (Grüne) ist Sensibilisierung «der wirksamste Hebel», um zu verhindern, dass für mehr Menschen diese Ideologien immer normaler werden. Ähnlich äusserte sich Ronny Siev (GLP). Man müsse hasserfüllten und menschenverachtenden Ideologien entschlossen entgegentreten, damit sie nicht überhandnähmen.
Bürgerliche begegneten dem Vorstoss mit Skepsis. Martina Zürcher (FDP) verlangte eine Textänderung. Sie wollte den Begriff «Rechtsextremismus» durch «gewaltbereiten Extremismus» ersetzt haben. Jede Form von extremistischer Gewalt sei abzulehnen, unabhängig davon, ob sie von rechts, von links oder von religiös motivierten Kreisen komme. Zürchers Vorschlag blieb erfolglos.
SVP: «Schaumschlägerei»
Auch Roger Föhn (EVP) fand es nicht in Ordnung, dass im Postulat das Thema Linksextremismus ausgeblendet werde. Jean-Marc Jung (SVP) verlangte ebenfalls, den Fokus im Schulunterricht auch auf den militanten Linksextremismus in seiner historischen Dimension zu richten.
Stefan Urech (SVP) hielt das Postulat für «Schaumschlägerei». Er warf den Postulanten vor, ihnen gehe es «weniger um Sensibilisierung als um Selbstinszenierung». Sie wollten die eigene politische Agenda in die Klassenzimmer tragen. Seiner Ansicht nach genügt der heutige Lehrplan vollkommen, dieser decke sowohl die Problematik des Rechts- als auch des Linksextremismus ab.