Experten kritisieren Polizei nach Pnos-Einsatz

Thurgauer Zeitung: Die Polizei rechtfertigt ihr passives Verhalten beim Auftritt eines rechtsextremen Musikers in Kaltbrunn. Die Begründung stösst jedoch auf Unverständnis.

Nach der Feier der rechtsextremen Partei Pnos in Kaltbrunn steht die St. Galler Kantonspolizei erneut in der Kritik. Sie sieht sich mit dem Vorwurf konfrontiert, dass sie einen deutschen Musiker gewähren liess, obwohl das Bundesamt für Polizei ein Einreiseverbot erlassen hatte. Gestern erklärte die Polizei, man habe das Verbot «aus Gründen der Verhältnismässigkeit» erst nach dem Auftritt ausgehändigt. Für Experten ist diese Begründung fragwürdig. Alberto Achermann, Berner Professor für Migrationsrecht, sagt: «Zweck der Einreisesperre war es ja, den Auftritt zu verhindern.» Ein Nicht-Einschreiten liesse sich nur rechtfertigen, wenn durch einen Eingriff die öffentliche Ordnung «gröber gefährdet» worden wäre. Der Zürcher Anwalt und Spezialist für Ausländerrecht Marc Spescha bezeichnet das Vorgehen als «befremdlich»: Indem die Polizei das Verbot erst nach dem Konzert ausgehändigt habe, sei «der Verbotszweck geradezu unterlaufen» worden. Dies mit polizeitaktischen Überlegungen oder dem Verhältnismässigkeitsprinzip rechtfertigen zu wollen, wirke «zweifelhaft».

Aussagen der Polizei

«verharmlosend»

Die St. Galler SP-Nationalrätin Barbara Gysi hatte die Polizei bereits nach dem Neonazi-Anlass in Unterwasser kritisiert. Den Einsatz in Kaltbrunn bezeichnet sie als «inakzeptabel»: «So müssen wir gar keine Einreisesperren mehr aussprechen, wenn wir sie dann doch nicht anwenden.» Die Aussagen der Polizei seien verharmlosend. «Da kommt sich jeder dumm vor, der sich an die Rechtsordnung hält.» Dass die nicht bewilligte Demonstration von Linksextremen in Rapperswil gleichzeitig nicht toleriert wurde, sei teilweise nachvollziehbar. Faktisch sei damit aber die Pnos-Veranstaltung geschützt worden. 2, 21