Ein Augenschein im solothurnischen Günsberg nach der Wahl eines RechtsextremistenDas Dorf ist reich, schön gelegen und hat kaum Probleme. Trotzdem hat fast jeder Fünfte rechtsextrem gewählt.
Günsberg, Kanton Solothurn, Ausländeranteil 8 Prozent, gestern kurz nach Mittag. Der schmucke, gründlich herausgeputzte Dorfplatz ist von Sekundarschülern bevölkert, die auf das Postauto warten. Nur ein Thema dominiert die Gesprächsrunde der 14-Jährigen: der 19-jährige PNOS-Vertreter Dominic Bannholzer, der am Sonntag von fast einem Fünftel der Stimmenden in den Gemeinderat gewählt worden ist. «Man sollte die schwarzen Asylanten sofort ausweisen», sagt ein Jüngling mit sicherer Stimme. Die Runde nickt. Sie seien froh, dass ein Junger gewählt worden ist, der sagt, was er denkt. «Bannholzer ist einer von uns.» Es muss etwas passieren, sind sich die Schüler einig. Keiner widerspricht. Die acht Asylbewerber, die im Dorf wohnen, sind das Problem. Sie arbeiteten nicht, das gehe doch nicht, meint ein anderer. Zudem werde mit Drogen gehandelt, er habe es mit eigenen Augen gesehen. Ein Mädchen mischt sich ein. Sie sei schon hier auf dem Dorfplatz belästigt worden.
«Schmarotzer und Parasiten»
Szenenwechsel. Der Weg zum Restaurant Hirschen führt an schmucken Einfamilienhäusern vorbei. Zahlreiche Gebäude befinden sich noch im Bau. Günsberg ist ein attraktiver Wohnort. Stadtnah, im Grünen, reich. Erst vor kurzem wurden die Steuern gesenkt. Ein 50-jähriger Einheimischer verlässt den «Hirschen». «Wir sind nicht gegen Ausländer, aber gegen Schmarotzer und Parasiten», sagt der Handwerker. Keiner ? auch Bannholzer nicht ? komme als Rechtsextremist zur Welt. Aber angesichts dieser herumlungernden Asylanten werde man halt einer. «Wir Schweizer sind hier die Doofen.» Was haben die Asylbewerber denn getan? Sie dealen, sagt er. Nein, gesehen habe er es nicht, aber man hört es. Und im Postauto habe es eine Schlägerei gegeben. Und dass die PNOS die Demokratie und den Rechtsstaat abschaffen möchte? Das habe doch nichts mit Günsberg zu tun. Davon wisse er nichts.Drinnen in der Gaststube schickt sich der letzte Kunde an, das Lokal zu verlassen. Schuld an dieser Wahl sei der Gemeinderat, der mit einem Flugblatt vor der PNOS gewarnt habe, sagt er. «Dies hat Bannholzer Aufwind verliehen.» Die Dorfbeiz ist jetzt leer. Das Wirtepaar will sich nicht zur Politik äussern. Sie seien auf alle Kunden angewiesen.«Bannholzer ist halt im Dorf bekannt», sagt eine Mutter draussen auf der Strasse. Er sei Mitglied im Schützen- und Korbballclub. Doch eigentlich wisse sie auch nicht, warum fast ein Fünftel für den Rechtsradikalen gestimmt hat. Die Asylbewerber jedenfalls seien ihr nicht negativ aufgefallen.
Dorf ohne SVP
Auch FDP-Gemeindepräsident Andreas Eng ist von der Wahl des PNOS-Kandidaten überrascht. Da es im 1167-Seelen-Dorf keine SVP gibt, hätten deren Sympathisanten wohl PNOS gewählt, erklärt er. «Niemand hat sich bei mir jemals über die Asylbewerber beklagt. Und nun votieren so viele für eine anti-demokratische Partei.» Bannholzer soll im Gemeinderat integriert werden, sagt Eng. Er müsse zeigen, dass er gewillt ist, im Siebnergremium mitzuarbeiten. Doch etwas sei jetzt schon klar: Der Gemeinderat habe sich mit Wasserzinsen und Abfallgebühren zu befassen und nicht mit Asylpolitik. Diese werde immer noch in Bern gemacht.