Mit entschlossenen Einzelaktionen versucht Heinz Kaiser, Politik und Behörden aufzurütteln
franziska laur
Die Aargauer Polizei ist überzeugt, genug gegen Rechtsextremismus zu tun. Heinz Kaiser aus Frick ist anderer Meinung. Er stehe auf einsamem Posten.
Heinz Kaiser aus Frick kämpft gegen Rechtsextremismus und Rassismus, und das seit Jahren. Seit der 56-Jährige als Inhaber einer Karateschule vor einem Jahrzehnt in Kontakt mit Rechtsextremen kam, ist er sensibilisiert. Er ist Projektleiter bei der Schweizer «WeltbürgerInnen Organisation» gegen Gewalt und Rassismus und hat eng mit dem inzwischen verstorbenen Anwalt Sigi Feigl zusammengearbeitet. Auf seiner Helpline für Gewaltopfer hört er täglich Leidensgeschichten. «Es kann doch nicht sein, dass ich als Einzelkämpfer gegen diese braune Suppe vorgehen muss», sagt er. Er fühlt sich von der Aargauer Polizei wenig unterstützt.
Als er vor einigen Monaten nach einer Demonstration der Rechten in Aarau Strafanzeige gegen die rechtsextreme Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) einreichen wollte, scheiterte er zunächst. Pnos-Vorkämpfer Bernhard Schaub hatte damals möglicherweise das Antirassismusgesetz verletzt. Die Polizei wollte die Strafanzeige nicht annehmen. «Zwei Stunden lang haben sie mich hin und her geschoben und dann ans Bezirksamt verwiesen», sagt Kaiser dazu. Und als er zumindest die sofortige Sperrung der Pnos-Internetseite mit dem 20-Punkte-Programm verlangte, habe man ihm beschieden, die Polizei dürfe keinen Zugriff auf verbotene Seiten nehmen. «Das ist doch unglaublich. So können die ihren gesellschaftlichen Auftrag gar nicht wahrnehmen», sagt er.
Kein Zweifel, Heinz Kaiser ist kein bequemer Einzelkämpfer und seine Auftritte haben durchaus etwas Querulantisches. «Das ist mir selbst klar», sagt er. Ihm ginge es vor allem darum, für das Thema zu sensibilisieren.
Hart vorgehen. «Natürlich ist diese Szene ein akutes und auch sensibles Problem», sagt der Aargauer Polizeichef Léon Borer zur Rechtsextremismus-Szene. Doch es gebe auch Grundrechte, und diese gelte es zu respektieren: «Wir können diese Leute nicht einfach verschwinden lassen.» Doch kürzlich wurde ein junger Mann im Fricktal auf brutale Weise von Neonazis mit Fusstritten an den Kopf traktiert (vgl. baz von gestern). Gegen solche Vorfälle müsse die Polizei mit aller Härte vorgehen, stellt Léon Borer klar. Hauptmann André Zumsteg, der auch für das Fricktal verantwortlich ist, verspricht: «Dieser Vorfall wird gründlich untersucht.» Für beide ist klar, dass in solchen Fällen hart durchgegriffen werden müsse. Borer vermutet jedoch, dass die Drahtzieher im Hintergrund, die Ideologen und Strategen, der noch gefährlichere Teil sind als die Schläger.
Auf diese Gruppe hat Heinz Kaiser in letzter Zeit seine Kräfte fokussiert. Er stellt nämlich eine gefährliche Entwicklung fest. «Die rechtsextremen Gruppierungen und ganz speziell die Pnos wollen sich im Kanton Aargau für ein politisches Mandat positionieren», sagt er. Im Solothurn und Baselland sei ihnen das Pflaster zu hart geworden. Für Heinz Kaiser ist klar, dass nun auf politischer Ebene etwas gehen muss. Dazu greift er zu den verschiedensten Mitteln.
Diese Woche gelangt Kaiser an den Regierungsrat des Kantons Aargau, um das Verbot der Pnos zu erwirken. Die Landesleitung der Pnos hat ihren Sitz in Aarau. Immer noch sei das 20-Punkte-Programm aktuell, obwohl doch das Aarauer Bezirksamt dies als eine «kollektive Schmähung der Ausländer» und als Verstoss gegen die Anti-Rassismus-Strafnorm taxiert habe. Diese Verurteilung erfolgte auf eine Strafanzeige von Kaiser.
Angst lähmt. Kaiser kämpft mittlerweile zwar schweizweit gegen die Rechtsextremen. So lässt er sich überall blicken, wo er eine Versammlung vermutet. Auch auf dem Rütli war er als Beobachter mitten unter ihnen. «Da waren rund zehn bis 15 Leute aus dem Fricktal dabei», erzählt er. In seinem Kampf gegen die Drahtzieher in der ganzen Schweiz verliert er den Blick für die Region nicht, in der er lebt. Dafür gebe es im Fricktal zu viele Rechtsextreme. «Sie kommen sogar von Deutschland hierher, um die Hand zum Hitlergruss zu strecken.» Im Fricktal gebe es mehrere öffentliche wie auch private Treffpunkte. «Die Neonazis sind gut vernetzt und sie verschieben sich für ihre Treffen immer wieder», sagt er. Er stellt auch fest, dass vermehrt Frauen dabei sind.
Heinz Kaiser wird oft bedroht. Doch er versteckt sich nicht. «Angst ist Kapitulation und lähmt», sagt er. Und so hält er weiterhin den Kontakt über seine telefonische Helpline zu besorgten Eltern wie auch zu Opfern und hilft ihnen, ihre Angst zu überwinden und Anzeige einzureichen.