Ein ehemaliger Skinhead erzählte

31.03.2009

Kölliken Philipp Frei, einst selber gewalttätig, sprach über Gewaltprävention und sein Leben als Skinhead

Der Frauen-Morgen Kölliken organisierte einen Informationsabend über Gewalt und Rechtsextremismus. Es sprach der einstige Skinhead Philipp Frei, der heute als ausgebildeter Gassenarbeiter und Sozialhelfer Jugendliche betreut. Eingeleitet wurde der Abend durch ein Konzert des Rockchors Kölliken.

Bernhard Schindler

Wieso «ritzen» sich heranwachsende Mädchen? Sie tun das fast in einem Suchtrausch, schneiden sich immer tiefer in die Arme, bis sie fast verbluten. – Warum schliessen sich junge Männer, selbst aus gutem und fürsorglichem Haus, rechtsextremen Gruppen an und terrorisieren ihre Umwelt? Einer, der es wissen muss, sprach am Freitag zu Kölliker Eltern.

Kameradschaft gesucht, doch einsam geblieben

Philipp Frei war selber rechtsextrem. Er war einsam, suchte nach einem Wohnortswechsel mit neuen, ihm fremden Klassenkameraden Kontakt und Freunde und fand sie vermeintlich bei den Skinheads. Mit 13 Jahren kaufte er sich die typischen Klamotten junger Neonazis, liess sich den Schädel rasieren und soff mit seinen neuen Kollegen so lange, bis sie sich Mut genug angetrunken hatten, Ausländer oder exotisch aussehende Mitmenschen zu schikanieren und zu verprügeln. Erst nach vier Jahren erkannte Philipp, dass er bei diesen Hitlerverehrern keine echte Kameradschaft, geschweige denn Freundschaft und Anerkennung finden würde. Ihm gelang, wenn auch mit Schwierigkeiten, der Ausstieg.

Jugend fühlt sich oft unverstanden

Philipp Frei kennt die Nöte vieler Jugendlicher aus eigener Erfahrung. Gewiss besass er liebevolle Eltern, aber sie hatten wenig Zeit für ihn, sie waren selber im Sozialbereich tätig, was den Heranwachsenden abstiess. Die Pubertät, die Zeit, «in der die Eltern schwierig werden», bricht aus wie eine Krankheit. Perspektiven sind mager, noch kennt der junge Mensch wenig Inhalte. Gruppen wie Rechts- oder Linksextreme und Rassisten haben ein Gespür für solche Jugendliche, die ihren Weg noch nicht gefunden haben.

Philipp Frei kam schliesslich los von den negativen Kräften unserer Gesellschaft, er fand bei kirchlichen Gruppen wie www.wertikal.com, einer Gruppierung der auf Christus bauenden Campus-Generation, neue Werte und die Kraft, sein Leben in den Dienst der Jugendlichen zu stellen, die orientierungslos zugleich Opfer und Täter von Neonazis werden könnten. Wichtig sei, dass die Jungen von den Eltern und Lehrern ernst genommen würden. Junge Menschen, Mädchen wie Jünglinge, müssten ihr Selbstwertgefühl und damit ihren Lebensoptimismus erst finden.

21-1 Jahr Rockchor Kölliken

Unter der Leitung von Andres Hofer spielte und sang der rund 45 Mitglieder umfassende Rockchor zu Beginn der Veranstaltung. Der Rockchor überraschte auch mit Müsterchen seines Repertoires, das der um viele Ehemalige erweiterte Rockchor anlässlich des Jubiläums 21 Jahre Rockchor (minus 1, weil Hofer ein Jahr pausiert hatte) am Jugendfest vom 19. Juni zur Aufführung bringt.