29. Juni 2001 Eine Ghanaerin musste ein Kleidergeschäft verlassen. Für das Obergericht ist das ein milder Fall von Rassendiskriminierung. Von Manuela Moser Eine kurze Shoppingtour für die dunkelhäutige Frau aus Ghana: In einer Boutique an der Seefeldstrasse wurde sie samt ihrer ebenfalls dunkelhäutigen Tochter von der Ladenbesitzerin vor die Tür gestellt. „Ich will keine Leute aus ihrem Land in meinem Laden“, sagte diese aufgebracht, erst auf Deutsch und dann auf Englisch. Gestern musste sich die Ladenbesitzerin wegen Rassendiskriminierung für dieses Vorkommnis vom November 1999 vor dem Obergericht verantworten. Die 68-jährige Frau gab zu, diese Äusserung gemacht zu haben. „Ich habe die Frau aus Ghana aber nicht wegen ihrer Hautfarbe aus meinem Laden geschickt, sondern weil ich Angst hatte“, erklärte die gebürtige Jugoslawin. „Ich war in Panik.“ Denn sie habe gleichzeitig eine Gruppe von Schwarzafrikanerinnen – Bekannte der Ghanaerin, wie sie meinte – auf der anderen Strassenseite gesehen. Jene Gruppe habe ihr einige Tage zuvor Ärger bereitet: Kleider von den Bügeln gerissen, sie am Boden liegen gelassen und auch Lederwaren gestohlen. Sie sei alleine im Laden gewesen und habe Angst gehabt, dies könnte sich wiederholen. Das Gericht hielt diese Erklärung für unglaubwürdig. Schliesslich hatte die Angeklagte die Gruppe und deren Verknüpfung mit der Ghanaerin in der ersten Einvernahme nicht erwähnt, sondern nur zu Protokoll gegeben, „schon öfters von Schwarzen bestohlen worden“ zu sein. Diese schlechte Erfahrung möge der Wahrheit entsprechen, doch sei sie kein hinreichender Grund dafür, die davon unbetroffene Frau aus Ghana aus dem Laden zu schicken. Einmalige Überreaktion Ihr Verteidiger hingegen betonte, sie habe ja nicht gesagt, „ich will keine Schwarzen von ihrem Land in meinem Laden“, sondern lediglich „ich will keine Leute von ihrem Land.“ Und dieser Satz drücke keine Rassendiskriminierung aus, denn das Wort „Land“ allein deute weder auf eine bestimmte Ethnie noch auf eine dunkelhäutige Person hin. Vielmehr sei das Wegschicken eine legitime Leistungsverweigerung, wie sie jedem Wirten zustehe, der „den Ausschank den Gästen verweigert, die ihn beleidigt haben.“ Und sie habe tatsächlich schlechte Erfahrungen mit Schwarzen gemacht. Dann hätte die Boutiquebesitzerin sagen müssen, „ich will Sie, Ihre Freunde, Ihre Gruppe nicht mehr in meinem Laden“, urteilte das Obergericht. Die Äusserungen der Boutiquebesitzerin seien weder krass noch menschenverachtend gewesen, doch liessen sie keinen Zweifel daran, dass sie nicht eine störende Kundengruppe, sondern sämtliche Dunkelhäutige gemeint habe. Das Gericht beurteilte die Reaktion der Boutiquebesitzerin als eine einmalige Überreaktion und büsste sie mit 600 Franken. Das ist halb so viel, wie die Vorinstanz verlangt hatte.