Drei Monate für Volksgarten-Schläger?

Südostschweiz

Zwei Rechtsextreme standen gestern vor Kantonsgericht. Für ihre Rolle im Angriff gegen eine bewilligte Demo im Juni 2007 in Glarus fordert der Staatsanwalt bedingte Geld- und Freiheitsstrafen.

Von Fridolin Rast

Glarus. – Ganz zuletzt gaben die zwei Rechtsextremen gestern in Glarus vor der Strafkammer des Kantonsgerichts die Tatbestände des Angriffs und des Landfriedensbruchs zu. Dies anders als in der Untersuchung und angesichts einer klaren Beweislage, so dass es in diesen zwei Punkten sicher zu einer Verurteilung kommen dürfte.

Karl Manner* aus dem zürcherischen Hombrechtikon und Peter Schilz* aus dem benachbarten Rüti waren am 23. Juni 2007 im Volksgarten in Glarus am Angriff einer rechtsextremen Gruppe auf eine bewilligte Demonstration der Juso beteiligt (siehe Box). Vier ebenfalls anwesende Polizisten in Zivil hatten, so einer der Polizisten vor Gericht, an der Demo einen Beobachtungs- und Dokumentationsauftrag. Sie hätten dann aber sofort den Angriff der Gruppe abwehren müssen.

Verteidiger Daniel Althaus bestreitet die Anklage gegen seine beiden Mandanten im Punkt der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte. Die Polizisten seien in Zivil nicht als solche zu erkennen und nicht an der Demo zu erwarten gewesen.

Rechtsextreme geben Ahnungslose

Manner gibt in der Befragung durch das Gericht den Harmlosen. Er sei allein an die Demo gekommen, und nur, um zu hören, was andere Gruppen sagten. Er habe keinen speziellen Freundeskreis, habe von keiner Verabredung gewusst, sei zufällig in eine Gruppe von 15 bis 20 Leuten geraten. Er habe keine speziell gekleideten Leute wahrgenommen, habe sich selber mit Jeans und «normalem» T-Shirt gekleidet. Ja, Manner will in der Hitze des Gefechts nicht einmal seinen Bruder erkannt haben, der sich – «zufällig» – in der Gruppe befand.

Schilz, der in der ganzen Untersuchung die Aussage verweigert hatte, gibt zwar zu, dass er – «nicht via Internet, sondern von Mund zu Mund» – von der Demo wusste und im Konvoi herkam. Schilz will aber niemanden gekannt und «echt nicht gewusst» haben, zu welcher Art Demo er nach Glarus kam. Er will sich «nicht wirklich viel in diesen Kreisen» bewegt haben. Sowieso sei er «nicht so der Demogänger», nur meistens in Deutschland, etwa an einem Trauermarsch, dabei.

Fast-Offizier mit Hakenkreuzfahne

Staatsanwalt Stefan Müller und die weitere Befragung fördern jedoch ein anderes Bild zutage. «Sie wissen schon, wie ich denke», grinst Schilz ihn an. Und kommentiert ein vorgelegtes Foto: Nein, posieren würde er mit einer solchen Fahne nicht mehr wie damals mit 15 Jahren. Er sei seither älter, ruhiger und schlauer geworden. Dass bei der Hausdurchsuchung eine Hakenkreuzfahne gefunden wurde, bestätigt er. «Teilweise» teile er dieses Gedankengut, sagt er passend zu seiner Teilnahme an den oft von Neonazis organisierten Trauermärschen.

«Weh getan», hat Schilz laut seinem Schlusswort nur, dass die Anklage für ihn zum Verbot geführt habe, Offizier der Schweizer Armee zu werden.

Auch das angeblich «normale» T-Shirt auf einer Foto von Manner an der Demo wirbt in Wahrheit für die rechtsextreme Band Amok. Sie bedroht laut der «Rundschau» des Schweizer Fernsehens einen Luzerner Journalisten und Kenner der Rechtsextremen-Szene in einem Song mit dem Tod. Und Manners Bruder ist deren Sänger.

«Absolut unglaubwürdig»

Die heutigen Aussagen seien völlig unglaubwürdig, die angeklagten Sachverhalte eindeutig bewiesen, betont Staatsanwalt Müller denn auch in seinen zwei Anklagen. Fotos beweisen laut Müller, dass die beiden sich klar aggressiv, weder defensiv noch passiv verhalten hätten. Der – grundlose – Angriff sei bewiesen durch die Verletzungen, die ambulante Behandlung von zwei der Polizisten. Zusammenrottung und Gewalt erfüllten den Tatbestand des Landfriedensbruchs. Das Verschulden sei nicht mehr leicht, es sei «verwerflich, demokratiewidrig und unschweizerisch», betont der Staatsanwalt. Manner habe zwei einschlägige Vorstrafen, Schilz eine. Rechtfertigende oder strafmindernde Gründe gebe es keine. So fordert Müller je zwölf Wochen Freiheitsstrafe und 1000 Franken Busse auf vier Jahre bedingt. Bei beiden seien die Vorstrafen aber nun zu vollziehen.

«Sehr schockiert» äussert sich ein Augenzeuge über die Gewaltbereitschaft der Gruppe, die geschlossen, schnellen Schrittes, ohne Vorwarnung vorgegangen sei und auf Menschen eingeschlagen und eingeprügelt habe. Er ist als einer von zehn Geschädigten anwesend. Die Zivilbeamten der Polizei – einer erlitt eine Kopfverletzung, einer drei Rippenbrüche durch einen geworfenen Ziegelstein – schliessen sich dem an. Einer der Polizisten beschreibt auch, wie Manner und sein angeblich zufällig anwesender Bruder ihn gemeinsam angegriffen hätten.

Der Verteidiger bestreitet, dass seine Mandanten angegriffen oder jemand verletzt hätten, sie seien von anderen zurückgedrängt worden. Es reiche für die Verurteilung wegen Angriff und Landfriedensbruch eben allein, sich in einer Gruppe aufzuhalten und sie verbal zu unterstützen, bedauert der Verteidiger. Sie hätten aber an keiner geplanten Aktion teilgenommen und das Ganze sei «ein bisschen ausgeartet». Sie seien nur zu 42 Tagessätzen à 40 Franken zu verurteilen, bedingt auf zwei Jahre, fordert Althaus. Die Vorstrafen seien nicht zu vollziehen. Das Urteil des Kantonsgerichts soll in Kürze vorliegen.

* Namen von der Redaktion geändert.

13 Täter akzeptieren Strafmandat

Glarus. – Neben den gestern vor Kantonsgericht stehenden Angeklagten haben 13 Täter eine Verurteilung per Strafmandat akzeptiert, wie Verhörrichter Markus Denzler auf Anfrage sagt. Sie seien alle zu einer Busse und ausserdem zu jeweils einer Geldstrafe von rund 150 bis 180 Tagessätzen verurteilt worden.

An einer bewilligten Demo der Glarner Juso gegen Rassismus – im Stadtglarner Volksgarten am 23. Juni 2007 – waren rund 30 Rechtsextreme aufmarschiert. Rund 50 Leute sassen friedlich in der Nähe eines kleinen Festzeltes und warteten auf den Beginn des Anlasses. Stattdessen tauchten vorwiegend glatzköpfige Gestalten auf, stürmten Richtung Zelt und gebärdeten sich aggressiv. Erschrocken ergriffen die Versammelten die Flucht, worauf die Glatzen ihnen nachsetzten. Einen Juso-Exponenten tauchten sie ins Wasserbecken beim Kunsthaus; eine Frau blutete aus der Nase; mehrere Anwesende bekamen Pfefferspray ins Gesicht.

Zwei der Polizisten in Zivil, die bereits vor Ort waren und zur Gegenwehr schritten, wurden verletzt – einer von ihnen spitalreif. Das polizeiliche Eingreifen führte dazu, dass nach zehn Minuten der Spuk ebenso plötzlich vorbei war, wie er begonnen hatte. Die Rechtsextremen enteilten zu ihren Autos.