Disziplinarverfahren in Aussicht?

SolothurnerZeitung

Günsberg Als Gemeinderat kann sich Dominic Bannholzer nicht alles erlauben

Sollte der Günsberger Gemeinderat Dominic Bannholzer wegen eines Offizialdelikts schuldig gesprochen werden, muss er mit einem Disziplinarverfahren rechnen.

Elisabeth Seifert

Rund hundert Rechtsradikale verhöhnten am 1. August Bundespräsident Samuel Schmid auf dem Rütli und nahmen anschliessend an einer illegalen Demonstration in Brunnen teil. Ganz vorne mit dabei: Dominic Bannholzer, Pnos-Mitglied und frisch gewählter Gemeinderat in Günsberg. Am 22. August findet dort die erste Gemeinderatssitzung statt. Ob und wie der junge Mann anlässlich dieser Sitzung ins Gebet genommen wird, hängt auch vom Ausgang der auf Hochtouren laufenden Ermittlungen der Polizei in Uri und Schwyz ab.

Bis hin zur formellen Amtsenthebung

«Wir werten zurzeit die Vorgänge in Brunnen aus und werden uns im Anschluss daran entscheiden, ob wir gegen die Verantwortlichen der Demonstration Anzeige erstatten werden», sagte gestern Florian Grossmann, Sprecher der Kantonspolizei Schwyz. Im Fall etwa von Landfriedensbruch, Rassendiskriminierung oder auch Ungehorsam gegenüber den polizeilichen Behörden würde nämlich, so Grossmann, ein so genanntes Offizialdelikt vorliegen, das von Amtes wegen verfolgt werden muss. Keine angenehme Perspektive für Dominic Bannholzer, obwohl derzeit noch alles offen ist, auch, ob der Günsberger Politiker wirklich zu den Verantwortlichen der Demo gehört. Unangenehm vor allem deswegen, weil der Gemeinderat mit einem Disziplinarverfahren rechnen muss, sollte er wegen eines Offizialdelikts angeklagt und auch tatsächlich schuldig gesprochen werden. So will es das Gesetz im Kanton Solothurn.

Durchgeführt wird ein solches Disziplinarverfahren gemäss André Grolimund, Chef im neuen Amt für Gemeinden (AGEM), vom Gesamtgemeinderat. «Wenn tatsächlich ein Schuldspruch im Fall eines Offizialdelikts vorliegt, dann wäre es empfehlenswert, ein solches Verfahren mindestens zu prüfen», meint der Amtschef vorsichtig. Ganz grundsätzlich sei eine disziplinarische Untersuchung angebracht, wenn ein Behördenmitglied vorsätzlich und in grobfahrlässiger Art seine Dienstpflicht vernachlässigt, oder wenn der Gemeinderat zum Schluss kommt, dass eine bestimmte Person aus irgendwelchen anderen Gründen untragbar geworden ist. «Selbst wenn kein Offizialdelikt vorliegt, steht es im Ermessen der Gemeindeexekutive, disziplinarisch gegen einBehördenmitglied vorzugehen», weiss Grolimund. Und die möglichen Folgen? «Es gibt einen ganzen Massnahmenkatalog bis hin zu einer formellen Amtsenthebung.»

Was den Günsberger Gemeinderat Dominic Bannholzer anbelangt, enthält sich André Grolimund jeder Stellungnahme: «Ich weiss über ihn, seine Aktivitäten am 1. August und sein bisheriges Verhalten in Günsberg schlicht zu wenig.» Zum sei das Ganze eine Angelegenheit des Gemeinderats.

Kein akuter Handlungsbedarf

Der Günsberger Vize-Gemeindepräsident Christian Spycher sieht derzeit keinen akuten Handlungsbedarf: «Ein Disziplinarverfahren kommt zum jetzigen Zeitpunkt sicher nicht infrage.» Man müsse verhältnismässig reagieren. Es sei etwa noch nicht klar, ob Bannholzer zu den Verantwortlichen der Demo gehört hat. «Ich könnte mir vorstellen, dass wir uns am Rande der ersten Gemeinderatssitzung vom 22. August mit Dominic Bannholzer über seine genaue Funktion bei der Demo und den Gründen für seine Teilnahme unterhalten werden.» Eine Aussprache im Gesamtgemeinderat hält Spycher – zumindest vorerst – nicht für nötig. «Wir möchten das Ganze nicht an die grosse Glocke hängen.» Sollte sich der junge Mann uneinsichtig zeigen, oder eine Strafanzeige gegen ihn vorliegen, werde man reagieren. Dominic Bannholzer absolviert derzeit die Rekrutenschule und war gesten nicht erreichbar.

Kreuz an Ruine Folgen eines fehlgeleiteten Patriotismus. Das Bild zeigt die Überreste der Burg in Balm bei Günsberg. rgw

«Er würde nicht mehr gewählt»

Reaktionen Vertreter von vier Kantonalparteien nehmen Stellung

Für die Interimspräsidentin der CVP, Annelies Peduzzi (Zuchwil), steht fest: «Ein gewählter Politiker ist eine Person des öffentlichen Interesses und muss sich entsprechend verhalten.» Was, wenn ein Politiker aus den eigenen Reihen an einer illegalen Demonstration teilnehmen würde? «In einem Gespräch würden wir ihm aufzeigen, welche Verantwortung er inne hat.» Und wenn er sich uneinsichtig zeigt, hätte das wohl den Ausschluss aus der Partei zur Folge.

Fabian Müller (SP, Balsthal), stellvertretender Präsident seiner Partei, knüpft den Ausschluss aus den Reihen der SP an eine gerichtliche Verurteilung im Fall von Tatbeständen, die dem Parteiprogramm klar widersprechen: «Wenn jemand wegen Widerhandlung gegen das Antirassismusgesetz, tatsächlichen Gewaltakten oder Aufruf zu solchen verurteilt wird, dann ist er oder sie für unsere Partei nicht länger tragbar.»

Der Präsident der kantonalen SVP, Heinz Müller (Grenchen), ist überzeugt davon, dass sich seine Partei nie mit einem ähnlichen Problem auseinander setzen müsste. Denn: «Innerhalb der SVP würde ein Dominic Bannholzer gar nicht in ein solches Amt kommen.» Der SVP-Mann distanziert sich klar von der rechtsextremen Szene, für deren Attraktivität er die in seinen Augen lasche Haltung der Mitte- und Linksparteien verantwortlich macht.

«Ich vertraue auf die Kraft unseres politischen Systems», sagt Fraktionspräsident Hansruedi Wüthrich (FdP, Lüterswil). «Wenn in den nächsten Monaten Gemeinderatswahlen stattfänden, würde Bannholzer nicht mehr gewählt.» Ein Ausschlussverfahren wäre bei der FdP gar nicht möglich. (esf)