Diese Partei hat ein Problem

SonntagsBlick

Auch entlassener Rassistenlehrer ist SVPler

VON HENRY HABEGGER

BERN/GENF – Recherchen von SonntagsBlick zeigen: Der in Genf wegenrassistischer Äusserungen entlassene Lehrer ist SVP-Mitglied. Gestern wurdebekannt: Der Sekretär einer Urner SVP-Sektion ist ein Skin. Immer dreisterunterwandern Rechtsextreme die SVP.

BLICK outete den Mann gestern: Roland Trachsel (20), Sekretär der UrnerSVP-Sektion Silenen, ist ein Skinhead (siehe Kasten). Er gehörte zur Horde jenerRechtsextremen, die am 1. August auf dem Rütli Bundesrat Villiger ausbuhten undnazistische Gesten zeigten. Gestern gab Trachsel auf Druck der Urner SVP seinenAustritt.

Der Urner Fall zeigt den Trend. Rechtsextreme und Rassisten benutzen die SVPgezielt, um sie als Vehikel für ihre demokratiefeindlichen Aktivitäten zumissbrauchen.

So zeigen Recherchen von SonntagsBlick: Auch der in Genf wegen rassistischerÄusserungen entlassene Lehrer gehört der Volkspartei an. SVP-GeneralsekretärJean-Blaise Defago: «Der Lehrer ist Mitglied der Genfer SVP-Sektion.» Dominique M.hatte einen afrikanischen Schüler im Unterricht mit rassistischen Äusserungenbedroht.

Kein Zufall: «Er wirkte als rechte Hand von Anwalt Junod», weiss Christian Berdoz,der von der ultrarechten Genfer Sektion als Sekretär abgesetzt wurde. Junod,Ideologe der Neuen Rechten, ist offiziell zwar aus der Genfer SVP ausgetreten, weildie SVP Schweiz die Sektion sonst geschlossen hätte. Im Hintergrund mischt er aberweiter in der SVP mit.

Junod hat auch Kontakte zur rechtsextrem-esoterischen Avalon-Gemeinschaft desBerners Roger Wüthrich. Auch dieser drängt zur SVP. Laut der Zeitung «Le Temps»schlug er der SVP vor, eine «Skin-Sektion» zu gründen. Wüthrichs Avalon hat lautBundespolizei-Sprecher Jürg Bühler «Beziehungen zum gewalttätigenRechtsextremismus mit den Skinheads und so weiter».

Immer mehr Rechtsextreme, Rassisten und Neonazis im Schlepptau – hat die SVPdie Lage noch im Griff? Alarm schlägt selbst der als Hardliner bekannte BernerThomas Fuchs, Vizepräsident der Jungen SVP (JSVP): «Der Ruf und das Image derSVP werden zunehmend geschädigt.» Die JSVP fordert nun die Absetzung dergesamten Genfer SVP-Spitze. «Die Partei muss sich von Extremisten und diesenOrganisationen nahestehenden Personen trennen», sagt Fuchs und will selbsteinen «Ehrenkodex gegen Rassismus, Extremismus und Gewalt» lancieren. Dergeht nächste Woche an alle Sektionen. Mitglieder, die «rassistische odergewalttätige Tatbestände erfüllen», werden ausgeschlossen und den Behördengemeldet. Auch die Mutterpartei soll sich, wünscht Fuchs, einen solchen Kodexgeben.

Was dieser taugt, wird sich schon rasch zeigen. Auf der Internet-Homepage desverurteilten Holocaust-Leugners Ernst Indlekofer prangt ein Schreiben von LukasReimann, Vizepräsident der JSVP St. Gallen. Als Präsident von «Jugend gegenBilaterale» dankt er Indlekofer «herzlich für das Vertrauen» und die Unterstützung derNein-Kampagne …

Auslöser für den Ehrenkodex ist Junod. «Er versuchte im August, die Junge SVP inGenf zu unterwandern», sagt Thomas Schmitt, JSVP-Verantwortlicher für dieRomandie. «Nur durch Einsetzen eines Vertrauensmanns konnte ich die Gründungeiner wilden Sektion durch Junod verhindern», sagt Schmitt. Auch der abgesetzteGenfer Sekretär Berdoz warnt: «Die extreme Rechte versucht, via die Jungen unserePartei zu unterwandern.»

Am 27. September wird sich der Leitende Ausschuss der SVP Schweiz mit dem FallGenf und den anderen rechtsextremen Auswüchsen befassen. SVP-GeneralsekretärJean-Blaise Defago: «Wir müssen jetzt sauberen Tisch machen, sonst werden wirdie Probleme nie los.»


Urner Neonazi: Alle wussten davon – ausser die SVP

SILENEN UR – Skinhead Roland Traxel (20) fiel als engagierter Jungpolitiker auf – daernannte ihn die SVP Uri flugs zum Sekretär.

«Die Partei hat ihn angefragt, ob er das machen wolle», erinnert sich Rolands MutterBernadette Traxel. «Mein Sohn hat schon immer gerne politisiert», sagt die Mutter.
Ein Foto von der Gründungsversammlung der zweiten SVP-Ortspartei in Erstfeld zeigtTraxel in trauter Runde – mit SVP-Nationalrat Peter Föhn! «Es gibt in jeder Parteischwarze Schafe», erklärt Föhn heute. «Traxel hat einen sehr guten Job gemacht»,meint der Urner SVP-Co-Präsident Arnold Christian. Ein SVP-Sekretär inBomberjacke – doch die Partei will nichts gemerkt haben. «Ich war völlig überrascht»,sagt Christian. Im Dorf Silenen war Traxel schon länger als Neonazi bekannt. Jetztwurde er als Pöbler auf dem Rütli und als Verfasser von Flugblättern mit Slogans wie«Nationalisten und Skinheads sind Leute wie du und ich» entlarvt. Traxel kommt auseiner bekannten Urner Radsport-Familie: Vater Hans ist der Trainer von Beat Zbergund Schwester Sonja gewann vor drei Monaten bei der Mountainbike-WM eineGoldmedaille.

Sandro Brotz