Tages-Anzeiger. In Deutschland wurde die «Kampfgruppe» Combat 18 verboten. Die Mitglieder des Schweizer Ablegers der Organisation sind eng mit ihren deutschen Kollegen vernetzt.
Mehr als 200 Polizisten waren am Donnerstag in Deutschland im Einsatz. In sechs Bundesländern wurden am frühen Morgen Wohnungen durchsucht. Ins Visier nahmen die Ermittler Mitglieder der Neonazi-Gruppe Combat 18. Am gleichen Morgen teilte der deutsche Innenminister Horst Seehofer mit, dass die Gruppe ab sofort verboten sei. Er war seit Monaten zu diesem Verbot gedrängt worden. «Das heutige Verbot ist eine klare Botschaft: Rechtsextremismus und Antisemitismus haben in unserer Gesellschaft keinen Platz», sagte Seehofer.
«Combat 18 propagierte Gewalt als legitimes Mittel im politischen Kampf, um ihr Ziel, einen nationalsozialistisch geprägten Staat, zu verwirklichen», heisst es in einem Bericht des deutschen Verfassungsschutzes aus dem Jahr 2017 zu den Anfängen der Vereinigung. Die Zahlen 1 und 8 in «Combat 18» stehen für die Buchstaben A und H, womit Combat 18 frei übersetzt zur «Kampfeinheit Adolf Hitler» wird. Combat 18 gilt als bewaffneter Arm des internationalen Neonazi-Netzwerks Blood & Honour. Sie hat ihren Ursprung in Grossbritannien und ist in mehreren europäischen Ländern aktiv – auch in der Schweiz.
Sänger der Band Amok
Das wohl bekannteste Mitglied von Combat 18 in der Schweiz ist der Sänger der Neonazi-Band Amok, Kevin G. aus dem Zürcher Oberland. Er wurde 2019 wegen eines Angriffs auf einen orthodoxen Juden in Zürich zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt.
Nach Schätzungen des Nachrichtendiensts des Bundes gibt es in der Schweiz insgesamt 300 bis 400 gewaltbereite Rechtsextremisten.
Als wichtige Stützen des Schweizer Combat-18-Ablegers gelten neben Kevin G. auch Erika B. und André S., beide angeblich im Kanton Zürich wohnhaft. Wie Kevin G. haben sie gute Kontakte in der deutschen Neonazi-Musikszene. Erika B. soll schon verschiedentlich rechtsextreme Musiker aus Deutschland bei sich beherbergt haben. In der Musikszene sind die Verbindungen der Schweizer Neonazis und Combat-18-Mitglieder nach Deutschland besonders eng. So hat beim jüngsten Album der Zürcher Band Amok auch der deutsche Hooligan und Neonazi Hannes Ostendorf ein Lied zusammen mit Kevin G. aufgenommen.
Die deutschen Sicherheitsbehörden schätzen, dass Combat 18 landesweit etwa 20 Mitglieder zählt. Nach Schätzungen des Nachrichtendiensts des Bundes gibt es in der Schweiz insgesamt 300 bis 400 gewaltbereite Rechtsextremisten, von denen ungefähr jeder vierte tatsächlich gewalttätig ist. Als besonders gewaltbereit gelten die vor allem in der Deutschschweiz auffallenden Gruppen Blood & Honour, Combat 18 und Kameradschaft Heimattreu, die sich inzwischen aber aufgelöst und Blood & Honour angeschlossen hat.
Wegen ihrer Gewaltneigung wird diese Szene vom Schweizer Nachrichtendienst beobachtet. Anders als in Deutschland kommt es in der Schweiz aber so gut wie nie vor, dass eine gewaltextremistische Gruppe verboten wird. Ein Verbot müsste vom Bundesrat ausgesprochen werden. Es muss sich zudem auf einen entsprechenden Beschluss der Vereinten Nationen oder der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa stützen.
Treffen im Kanton Schwyz
Die Anhänger von Combat 18 und Blood & Honour gruppieren sich in der Schweiz unter anderem in der Nationalen Aktionsfront, die kürzlich im Kanton Schwyz ein grösseres Treffen organisiert hat, bei dem auch der Hitlergruss gezeigt wurde. Als Organisatoren traten der Aargauer Marc S. und der Innerschweizer Otto R. auf, der die rechtsextreme Heimatbewegung ins Leben gerufen hat und ebenfalls in der Nähe von Combat 18 und Blood & Honour angesiedelt ist.
Aus dem Kanton Schwyz kommt eine ganze Reihe von Neonazis, die unter anderem in der ehemaligen Kameradschaft Heimattreu organisiert waren. Viele Combat-18- beziehungsweise Blood-&-Honour-Mitglieder sind inzwischen auf Distanz zur rechtsextremen Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) gegangen, der sie eine zu zahme Haltung vorwerfen. Klare Verbindungen der deutschen Combat-18-Szene gibt es auch ins Wallis, doch ansonsten sind die Rechtsextremisten in der Romandie mehr mit faschistischen Gruppen in Italien und in Frankreich verbandelt.