«Die Täter ergötzten sich am Sterben ihres Kameraden»

BernerZeitung

Lebenslängliches Zuchthaus für den «Führer» Marcel M. , je 18 Jahre Zuchthaus für den «Stellvertreter» Michael S. und den «Mitläufer» Renato S. : Dies beantragt Staatsanwalt Hans-Peter Schürch.

Stefan Geissbühler

«Die Taten der Angeschuldigten gehören zu den schwersten Verbrechen, die in den letzten Jahren in der Schweiz begangen worden sind»: Staatsanwalt Hans-Peter Schürch zieht am Schluss seines über zweistündigen Plädoyers Fazit. «Bestialisch» sei die Ermordung Marcel von Allmens gewesen, «skrupellos, grausam, ruchlos, feige, unfassbar, minutiös geplant, verabscheuungswürdig, heimtückisch». Dazu kämen strafbare Vorbereitungshandlungen zum Mord an zwei weiteren Personen und der Umstand, dass die Täter Marcel von Allmen bereits einen Tag früher als geplant hätten umbringen wollen – das Opfer war aber erst am 27. Januar 2001 in die Falle gegangen.

«Zur Schlachtbank geführt»

Im Fall Marcel von Allmen handle es sich um einen Mord «in der krassesten Form», gar um einen «superqualifizierten Mord». Denn: «Die Angeschuldigten haben ihr Opfer gnadenlos in den Tod gelockt und liessen ihm keine Chance auf Gegenwehr», stellt Schürch fest. «Marcel von Allmen sei «regelrecht zur Schlachtbank geführt und zu Tode gepeinigt» worden. Und: «Die Täter ergötzten sich am Sterben ihres Kameraden», sagt der Staatsanwalt. Deshalb gebe es keinen Zweifel an der rechtlichen Qualifikation der Tat: «Alles andere als Schuldsprüche wegen Mordes wäre eine juristische Fehlleistung», stellte Schürch fest. Aber: «Auch Marcel von Allmen war nicht nur der sympathische Junge von nebenan», gibt er zu bedenken. Marcel von Allmen habe «rassistisches Gedankengut verbreitet, mit dem Hitlergruss gegrüsst und Nazi-Insignien getragen». Und sei dann «Blutopfer der eigenen Gesinnungsgenossen geworden». Weil er das Schweigegebot des «Ordens der arischen Ritter» gebrochen habe.

Lebenslänglich beantragt

Im «Orden» habe der heute 25-jährige Marcel M. die «Führerrolle» innegehabt. Marcel M. habe die Ermordung Marcel von Allmens «initiiert und organisiert». Michael S. (heute 24-jährig) – der 1999 in Unterseen zusammen mit Marcel M. den rechtsextremen «Orden der arischen Ritter» gegründet habe – sei «Stellvertreter» von Marcel M. gewesen. Und der ebenfalls 24-jährige Renato S. sei «der Mitläufer, der Zupacker» des «Ordens», gewesen. Gemäss dieser Rollenverteilung sei Marcel M. zu lebenslänglichem Zuchthaus und die beiden anderen Täter zu je 18 Jahren Zuchthaus zu verurteilen.

Strafverschärfend falle bei Marcel M. ins Gewicht, dass dieser bereits im Jahr 2000 wegen versuchter vorsätzlicher Tötung (in Notwehr) zu 18 Monaten Gefängnis bedingt verurteilt worden sei. Marcel M. hatte in Interlaken aus zwei Metern Distanz vier Schüsse auf einen Kantonspolizisten in Zivil abgegeben – der Polizist überlebte nur dank schusssicherer Weste. «Entgegen meiner Erwartung hat Marcel M. die Chance dieser bedingten Strafe nicht wahrgenommen», sagt Schürch. Es war Schürch, der Marcel M. wegen den Schüssen auf den Polizisten verurteilt hatte – er war damals Gerichtspräsident in Interlaken.

Weitere Schuldsprüche

Neben den Schuldsprüchen wegen Mordes an Marcel von Allmen forderte Schürch für alle drei Täter Schuldsprüche wegen unvollendet versuchten Mordes (an Marcel von Allmen einen Tag vor dem Mord) und Vorbereitungshandlungen zu Mord (an einem 18-jährigen Jugoslawen und einem 19-jährigen Schweizer).