Die Rechtsextremen in Einsiedeln tarnten sich

Neue Luzerner Zeitung vom 14.09.2011

Vi/red.

Rechtsextreme hielten am Wochenende in Einsiedeln die Polizei auf Trab. Inzwischen weiss man mehr über die spektakuläre Aktion.

Vi/red. Eine Person aus dem Thurgau hatte wenige Tage zuvor den Saal des Einsiedler Dorfzentrums für vergangenen Samstag reserviert. Es handle sich dabei um eine «Internationale kulturelle Veranstaltung», wurde erklärt. «Wir hatten keine Ahnung, mit wem wir es zu tun hatten», erklärte später Isidor Bucher, Präsident der Genossenschaft Dorfzentrum. Erst durch einen Hinweis der Polizei habe man erfahren, wem man da Gastrecht gewährte: einem internationalen Treffen der rechtsextremen Szene. Weshalb die Polizei die Genossenschaft von der Identität der Veranstalter in Kenntnis setzte, ist nicht bekannt. Der zuständige Polizeisprecher war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Darum stand für Bucher fest: «Wir treten vom Vertrag zurück.» Eine Gruppierung mit einem rechtsradikalen Gedankengut gehöre nicht nach Einsiedeln, begründete der Präsident der Genossenschaft. Und zudem seien sie von den Mietern über den wahren Grund des Anlasses nicht orientiert worden. «Sonst wäre es gar nie zu einer Vertragsunterzeichnung gekommen.»

Die Dorfzentrum-Leitung suchte mit den Organisatoren das Gespräch, als die ersten Teilnehmer eintrafen. «Wir entschieden uns, keine Personen mehr ins Dorfzentrum zu lassen», ergänzt Bucher. Gemäss Kantonspolizei beharrten die Organisatoren jedoch auf der Durchführung des Treffens und hätten sich gewaltsam Zutritt verschafft. Dabei wurden die anwesenden Polizisten, welche den Zutritt verhindern wollten, teilweise massiv körperlich angegangen.

Ebenfalls am Samstagnachmittag hatte die St. Galler Polizei in Diepoldsau einen Parkplatz in der Nähe des Grenzübergangs nach Vorarlberg gesperrt. Dort wollten sich Vertreter der rechtsextremen «Europäischen Aktion» treffen. Diese Leute traten auch in Einsiedeln auf. Mit dabei waren führende Köpfe dieser Gruppierung, die sich gemäss verteilten Handzetteln für ein «freies Europa» einsetzt. Wobei sich das Engagement gegen aussereuropäische Einwanderer bezieht, welche es zu «repatriieren» gelte. Das Gros der Teilnehmer stammte aus Deutschland und der Schweiz, darunter auch Frauen und Kinder.

Hausfriedensbruch

Die Eingedrungenen wollten das Einsiedler Dorfzentrum vorerst nicht verlassen. Darin sahen die Besitzer einen Hausfriedensbruch, die Polizei holte Verstärkung. Zeitweise umstellten 50 Polizisten das Gebäude. Worauf die Eindringlinge ihr Treffen frühzeitig beendeten. Einige der Teilnehmer versuchten durch einen Sprung aus einem Fenster im Erdgeschoss den Fängen der Polizei zu entkommen, was allerdings nicht gelang. Die Kantonspolizei kontrollierte anschliessend die Personalien sämtlicher Teilnehmer. Die Identifikation der schätzungsweise 80 Personen dauerte fast bis 17 Uhr und verlief ohne Störungen. Anschliessend zog die Polizei ihr Grossaufgebot ab. Wer kontrolliert war, durfte sich frei bewegen. Die Gruppierung blieb zusammen und beschwerte sich lautstark über die Polizeiaktion. Zwei Personen der verantwortlichen Organisatoren werden angezeigt.