Für die Stadtund für die Polizei ist nach der Gewalt-Eskalation klar: «Wirgehen nicht zur Tagesordnung über.»
Ruedi Bärtschi
«Das Ganzenimmt Ausmasse an, die man nicht akzeptieren kann.» Daniel Steiner,Stadtschreiber von Langenthal, spricht von den Ereignissen vom Wochenende. Inder Nacht auf Samstag haben in Langenthal rund 30Rechtsextreme eine Schlägerei mit trauernden Türken vor dem Spital angezettelt unddas Jugendkulturzentrum LaKuZ verwüstet (vgl. Ausgabe von gestern).
Strafanzeigender Stadt
DieLangenthaler Stadtregierung wird sich morgen Mittwoch mit der Gewalt vom Wochenendebefassen. Voraussichtlich werden die Täter von der Stadt nicht nur eineStrafanzeige wegen Sachbeschädigung am Hals haben, sondern auch wegenLandfriedensbruch. Das LaKuZ-Gebäude gehört der Stadt. Wie viele TausendFranken der Sachschaden beträgt, wird zurzeit abgeklärt. Auch bei derPolizei werden jetzt die Ereignisse vom Wochenende gründlich aufgearbeitet.So fand gestern Vormittag ein gemeinsamerKoordinantionsrapport mit der Stadt- und der Kantonspolizei statt.Aufgrund der Schwere derbegangenen Delikte – unter anderem Körperverletzung – ist dieKantonspolizei dafür zuständig.
VerstärktePolizeipräsenz
Zurzeit werdenZeugen und Beteiligte ausfindig gemacht, von der Polizei befragt und dieweiteren rechtlichen Schritte unternommen. Dass ein Teil der rechtenRandalierer nicht aus dem Kanton Bern stammt, stelle kein Problem bei denErmittlungen dar, erklärt Andreas Hosner, Chef der Stationierten PolizeiMittelland/Emmental/Oberaargau. «Die Zusammenarbeit mit den Korps derNachbarkantone ist sehr eng», betont er. DieKantonspolizei reagierte bereits am Samstag mit einer verstärkten Präsenz in undum Langenthal. Ob diese Massnahme fortgesetzt wird, hängt nun vomErgebnis der Ermittlungen ab. Andreas Hosner war von den Schlägereienund Sachbeschädigung in Langenthal überrascht. Zumal der Sommerdiesbezüglich ruhig gewesen sei. «Da macht man sich schon seine Gedanken.»
Hooligans undEishockey
DieKantonspolizei hat die neue Gewalt von rechts bereits diesen Sommer thematisiert.So fand vor dem Start der Hockeysaison eine Sitzung mit denVerantwortlichen des Schlittschuhclubs Langnau und den Gemeinde- und Bezirksbehördenstatt. Dort erfuhren die Verantwortlichen, welche Matchs in Bezug aufHooligans kritisch werden könnten. Eine ähnlicheZusammenkunft findet nächste Woche auch in Langenthal statt. «Dort werdenwir natürlich auch einen Link zu den Vorfällen vom Wochenendemachen», sagt Andreas Hosner und verspricht: «Wir gehen nicht zurTagesordnung über.»
Skin inSicherheitsarrest
Auch Langenthalhat bereits erfahren, dass Hockeymatchs nicht nur vonSportinteressierten besucht werden. So kam es vor zehn Tagen, imAnschluss an dasNLB-Spiel gegen den Zürcher Club GCK Lions, zu einem Handgemenge vordem Eisstadion. Stadt- und Kantonspolizei sowie dieSicherheitsleute des SCL waren vor Ort und haben den Gästebus bewacht. Gleichzeitigkam die Meldung aus dem LaKuZ, die Leute würden mit Blechrohrenbedroht, es habe «Glatzen im Haus». Auch nachdem die Polizei vor Ort war,zeigte sich einer der Rechtsextremen uneinsichtig. «Wir stellten fest, dass esder gleiche war, der bereits vor der Eisbahn als Rädelsführer aufgetretenist», erklärt Peter Hegi, Postenchef der Stadtpolizei. «Leicht angetrunken undgewaltbereit»: Dies reichte, um den Mann bis am Sonntag in Sichheitsarrestzu nehmen. Warum vor demSpital keine Verhaftungen vorgenommen wurden, erklärt Andreas Hosnerso: Es sei schwierig aus einer Gruppe von 30 Leuten dieverantwortlichen Personen herauszufinden. Zudem müsse man sich überlegen, waseine Verhaftung in dieser Situation auslösen könnte. «Am Samstag ging esdarum, zwischen die Parteien zu stehen und zu schlichten.»BZ-OA-Aufschlagseite, 24. September 2002Leserbrief BZ 24.9.02 «Namen derNeonazis veröffentlichen» Ausgabe vom23. September: «Rechte Gewalt gegen LaKuZ und Türken.» Mit Besorgnisund Wut habe ich im Militärdienst im fernen Graubünden durch dieOnline-Medien von der Neonazigewalt in Langenthal erfahren. Die Anzeige,die der Gemeinderat gegen die gewalttätigen Neonazis machen will,begrüsse ich sehr. Doch mir geht dies zu wenig weit: Ich verlange vom LangenthalerGemeinderat, dass er die ihm bekannten Namen perRegionalpresse der Öffentlichkeit bekannt macht. Denn Neonazis sind nur der Gruppestark. Sie fühlen sich auch nur gestärkt, wenn sie in derBerichterstattung über «ihre glorreichen Taten» im Kollektiv genanntsind! DieIndividualisierung der Gruppe macht sie unsicher, schwach. Geradedeshalb würde einePublizierung der Namendieser Neonazis eine präventive Wirkung haben. Weiterverlange ich von den Verantwortlichen, dass sie beimRegierungsstatthalter Martin Lerch vorstössig werden und ihn auffolgende Tatsacheaufmerksam machen: Die andauernden Angriffe von Martin Lerch gegen dasLaKuZ haben – nach meiner Ansicht – bei den Neonazis psychlogisch dieAngriffslust gegen das LaKuZ erhöht. Für mich ist darum Martin Lerch zu einem Teilindirekt mitverantwortlich. Diesen Briefschreibe ich spontan. Er steht überhaupt nicht im Zusammenhang mit meinerFunktion als Vorstandsmitglied des LaKuZ und auch nicht mit meinem Mandatals Sekretär der Grünen-Freie Liste des Amts Aarwangen. Wegen meinerAbwesenheit konnte ich diesen Brief weder mit den Kollegen des LaKuZnoch mit meinen Parteikollegen absprechen. Ich verbleibe mit der Hoffnung,dass dieser etwas bewirken kann. DOMINIKBUCHELI