St. Galler Tagblatt vom 01.04.2011
Wiler Zeitung
Anlässlich der Präsentation ihrer kantonalen Petition «Jugendgewalt stoppen» haben die Vorstandsmitglieder der Jungfreisinnigen Wil und Umgebung auch ihre vor gut drei Monaten neu gegründete Sektion vorgestellt.
Christine Gregorin
«Schläger schonen ihre Opfer nicht, weshalb sollen wir die Schläger schonen?», brachte Rosmarie Bein im Verlauf des Anlasses das Thema Gewalt auf den Punkt.
Der Einladung der Jungfreisinnigen Wil und Umgebung folgend, war sie mit ihrem Sohn Dominik, der am 26. April 2003 beim Eisenwerk in Frauenfeld von rechtsextremen Schlägern aufs Brutalste verprügelt und lebensgefährlich verletzt worden war, in die Angostura-Bar gekommen und hat der Auswirkung, die Gewalt haben kann, ein Gesicht gegeben. Der heute 23-Jährige leidet auch acht Jahre nach der Attacke unter den Folgen, die ihn sein Leben lang begleiten werden. Massive Sprach- und Orientierungsschwierigkeiten und ein mangelndes Kurzzeitgedächtnis erschweren den Alltag des jungen Mannes, er muss immer noch täglich zur Therapie.
Täter härter anfassen
Vorgängig hatte Kantonalpräsident Vinzenz Rentsch die von den Jungfreisinnigen lancierte Petition zur Standesinitiative «Jugendgewalt stoppen» vorgestellt. Die Forderungen der Verfasser beinhalten folgende Punkte: Intensivtäter sollen dem Erwachsenenstrafrecht unterstellt werden, da diese nicht mehr als Lausbuben, die sich während ihrer Pubertät einen Streich erlauben, behandelt werden dürfen. Intensivtäter seien Unbelehrbare, die qualifizierte Straftaten wie Mord und Vergewaltigung begehen. Wer fähig sei eine solch schwere Straftat zu begehen, der soll auch nach dem Erwachsenenrecht bestraft werden.
Das Strafmass im Jugendstrafrecht soll erhöht werden, da nach Meinung der Initianten die derzeit gesprochenen Strafen häufig lächerlich niedrig sind und sich dies bei den Tätern herumgesprochen hat. Erhöhte Strafmasse sollen vermehrt abschrecken. Persönliche Leistungen sollen Geldbussen ersetzen, da diese vielfach nicht ernst genommen werden, ihre Wirkung verpufft. Jugendliche Straftäter sollen deshalb nur noch persönliche Leistungen erbringen müssen – zum Beispiel Strassenputzen oder Aushelfen im Altersheim.
Öffentlichen Institutionen soll Akteneinsichtsrecht gewährt werden, um untereinander Informationen austauschen zu können. Insbesondere die Schule und Lehrer müssen über die kriminellen Machenschaften einzelner Schüler Bescheid wissen. Einerseits zu ihrem eigenen Schutz, andererseits um Einfluss zu nehmen.
Nur eine klare Minderheit
Ob der ganzen Polemik dürfe aber nicht vergessen werden, dass sich rund 70 Prozent aller Jugendlichen absolut korrekt verhalten und für die Verfehlungen der restlichen von der Gesellschaft mitgebüsst werden. 25 Prozent, das entspricht schweizweit in etwa 200 000 Jugendlichen gehören in die Kategorie «einmalige Täter» und weitere vier Prozent (30 000 Jugendliche) sind sogenannte «Suff-Täter» oder Mitläufer, die sich Mut antrinken und dann meist in Gruppen gewalttätig werden. Rund 500 Jugendliche bilden letztlich die Gruppe der unverbesserlichen Mehrfachtäter mit besonders krimineller Energie.