«Die Kritik war knüppelhart»

NeueLuzernerZeitung

Judith Stamm tritt als Präsidentin der Gemeinnützigen Gesellschaft ab. Ohne Groll, wie sie sagt. Einfluss auf die diesjährige Feier hat der Entscheid aber nicht.

Von Raphael Prinz

Überraschender Bescheid gestern von Judith Stamm, der Präsidentin der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft (SGG): «Ich habe über acht Jahre die Gesellschaft geleitet, nun mache ich Platz für Jüngere.» Der Entscheid sei kein überstürzter und auch nicht aufgrund der Kritik an den Rütlifeiern gefallen. «Mein Rücktritt ist von langer Hand geplant.» Stamms Amtszeit als Präsidentin endet im Sommer, danach wäre wieder eine Wahl für vier Jahre nötig gewesen. «Im Jahr 2010 feiert die Gemeinnützige Gesellschaft ihr 200-Jahr-Jubiläum. Dieses Jubiläum soll mit neuen Kräften geplant und begangen werden», so die 73-Jährige.

Unmut über Sicherheitskosten

Als Nachfolgerin schlägt der Zentralvorstand des Vereins Bundeskanzlerin Annemarie Huber-Hotz vor. Die 58-jährige Zugerin verlässt ihr Amt im Dezember und wäre somit frei für die neue Aufgabe. Sie hat signalisiert, dass sie das Präsidium übernehmen werde. «Darüber bin ich sehr glücklich», so Judith Stamm. So könne sie die Verantwortung in gute Hände geben.

Die SGG ist mit der zu ihr gehörenden Rütlikommission für die Organisation der 1.-August-Feier auf dem Rütli zuständig. Eine Feier, die seit längerer Zeit nicht aus den Schlagzeilen kommt. Der Aufmarsch von Rechtsextremen, die Sicherheitskosten, das Ticketsystem und nun die geplante Feier der Frauenorganisationen sorgen für rote Köpfe. Als Vorsitzende der Rütlikommission war Stamm deshalb in der Öffentlichkeit unter Druck geraten. Insbesondere die letztjährige Rütlifeier, als die Kantone über 1 Million Franken für die Sicherheit aufwenden mussten, wurde harsch kritisiert. «Die Feier ist seit dem Jahr 2000, als Rechtsradikale Bundespräsident Kaspar Villiger ausbuhten, im Visier der Medien», sagt Stamm. Im letzten Jahr sei die Kritik «knüppelhart» gewesen. «Ich kapiere heute noch nicht ganz, warum die Rütlikommission derart scharf angegriffen wurde. Ich habe die Polizisten ja nicht aufgeboten.»

Frauenfeier durchziehen

Keinen Einfluss hat der Wechsel an der Spitze der Rütlikommission auf die diesjährige Feier am 1. August. Diese will Stamm «voll Power durchziehen». Die Zusagen von Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey und Nationalratspräsidentin Christine Egerszegi liegen vor, und auch die Frauenorganisationen hätten ihre Unterstützung zugesichert. «Wir wollen eine friedliche Feier mit traditionellen Werten», versichert Stamm.

Kantone oft anderer Meinung

Insbesondere die Rütlikantone Uri und Schwyz sind damit nicht glücklich. Der Urner Sicherheitsdirektor Josef Dittli hätte sich mit Blick auf den grossen Aufwand «für das Jahr 2007 eine einfachere Feier ohne prominente Redner gewünscht». Den Rücktritt von Stamm nimmt er zur Kenntnis. Man habe intensiv diskutiert, aber meist in guter Atmosphäre. «Wir waren häufig nicht gleicher Meinung. Frau Stamm war aber berechenbar und glaubwürdig.»

Josef Dittli zeigte sich in einer ersten Reaktion zuversichtlich, was die Zusammenarbeit mit Huber-Hotz angeht. «Ich würde mich freuen, wenn sie neue Präsidentin würde.» Sie habe ein politisches Gespür, und er sei sicher, dass sie dieses auch mit Blick auf kommende Rütlifeiern einsetzen werde.