Die Kontroverse: Berufsverbot für Rechtsextreme?

TagesAnzeiger

Auf Einladung des «Tages-Anzeigers» debattieren KoniLoepfe, Präsident der SP der Stadt Zürich, und derSVP-Kantonsrat Claudio Zanetti aus Zollikon zu einemvon der Redaktion vorgegebenen Thema. Heute: Ist derChefarzt der Zürcher IV-Stelle als früheres Mitglied derrechtsextremen NPD tragbar, oder sollen bei einerAnstellung nur fachliche Kriterien eine Rolle spielen?

Fragwürdiges Berufsverbot

Von Koni Löpfe

Claudio Zanetti reichte im März 2006 eine sehrverunglückte Interpellation ein; da ihm das Lehrbuch«Hinschauen und Nachfragen» über die Zeit desZweiten Weltkriegs zur Schweiz nicht passte, ging er aufdie Bildungsdirektion los, wollte unter anderem wissen,wie sich die Mitarbeitenden des Generalsekretariatspolitisch aufteilen lassen. Abgesehen davon, dass dasLehrbuch auf dem Bericht der Bergier-Kommissionberuht, in der viele mitarbeiteten, die unter SchweizerHistorikern Rang und Namen haben, findet man unterden Mitarbeitenden der Bildungsdirektion im schlimmsten oder besten Fall gewissenhafteSozialdemokraten.

Zanettis Fragen waren und sind ein Rohrkrepierer.Daran ändert das Aufgreifen im Zusammenhang mit derKündigung des ärztlichen Chefs der IV-Stelle Zürichnichts. Der sofortige Rausschmiss wegen Zugehörigkeitzur deutschen rechtsextremen NPD wirft indes einigeFragen auf, die sich auch ein Linker stellen sollte. DerGeschasste arbeitet seit zwei Jahren in dieserKaderposition, Klagen über seine Arbeit wurden bisherkeine bekannt. Seine psychiatrischen Gutachten werdennun auf rechtsextreme Einflüsse überprüft. Warum nichtzuerst die Abklärung und dann allenfalls die Kündigung?Oder anders gefragt: Warum fiel niemandem beim Lesender Gutachten Merkwürdigkeiten auf? Berufsverbote auspolitischen Gründen sind ohne direkten undnachweisbaren beruflichen Zusammenhang eine sehrfragwürdige Sache. Das gilt in einem liberalen Staatauch für Rechtsextreme.

Good Night, and Good Luck

Von Claudio Zanetti

Als ich in einer Interpellation vom Regierungsrat wissenwollte, wie es um die politische Ausgewogenheit derArbeit der Bildungsdirektion bestellt sei, ging einAufschrei der Empörung durch die Reihen der Linken.Jemand rief: «Skandal!» «Gesinnungsschnüffelei»,tobten andere. Nicht der Anspruch der Schülerinnen undSchüler, von linker Indoktrination verschont zu bleiben,war Gegenstand der Debatte, sondern das Recht der (linken) Lehrerschaft auf freie Meinungsäusserung.Auch Genossin Bildungsdirektorin behauptete, dieAnstellung von Personen erfolge ausschliesslichaufgrund fachlicher Kriterien. Die politischeGrundhaltung spiele dabei keine Rolle. Ja der Staat seigar nicht befugt, sich danach zu erkundigen. Und dasBundesgericht habe es gar als verfassungswidrigverboten, Akten anzulegen über öffentliche Angestellte,die einer bestimmten politischen oder weltanschaulichenVereinigung angehören.

Von diesem Schutz profitieren im Kanton Zürich offenbarnur Linke. Wer hingegen einmal einer deutschen,gemeinhin als rechtsextrem eingestuften Parteiangehörte, die jedoch erlaubt und zu den nächstenBundestagswahlen zugelassen ist, kann nicht mit Gnaderechnen. Er ist gebrandmarkt und chancenlos dempolitischen Furor ausgesetzt. Da hilft auch nicht, dassder Betreffende – dessen politische Ansichten zuverteidigen, mir fern liegt – von seinen Vorgesetzten als«brillanter Kopf» und als «Stern am Gutachter-Himmel»bezeichnet wird.

Bleibt nur: Good Night, and Good Luck.