Aargauer Zeitung: Rechtsextremismus · Die Pnos feiert heute in der Ostschweiz den Parteizuwachs. Mit dabei: Der «Ahnensturm»
Es sind gute Zeiten für die rechtsextreme Partei National Orientierter Schweizer (Pnos). Heute Abend feiert sie an einem geheimgehaltenen Ort in der Ostschweiz die Gründung der fünf neuen Kantonalsektionen St.Gallen, Graubünden, Glarus, Schaffhausen und Appenzell. Im letzten Herbst hat die Pnos, die zuvor vor allem im Raum Langenthal und Burgdorf aktiv war, mit dem Aufbau von Parteistrukturen in der Ostschweiz begonnen. «Die Leute haben durch unsere Arbeit vor Ort gemerkt: Aha, da geht was», sagt Pnos-Präsident Dominic Lüthard. «Vor einem Jahr gab es in der Ostschweiz nur eine Handvoll Mitglieder, jetzt sind es rund 70.»
Die Veranstaltung von heute Abend ist laut der Facebook-Seite der Pnos «so gut wie ausgebucht». «Ursprünglich rechneten wir mit 30 bis 40 Personen, jetzt sind es wohl rund 100», sagt Lüthard. Den «massiven Zuwachs an Anmeldungen» führt der Pnos-Präsident auch auf die mediale Aufmerksamkeit zurück, die seiner Partei im Zusammenhang mit dem Rocktoberfest, an dem am vergangenen Wochenende mehrere rechtsextreme Bands aufgetreten sind, erfahren hat. Auch am heutigen Pnos-Abend gibts wieder rechte Harmonien – vom Sänger der deutschen Band Flak. Zwei rechtsextreme Musikveranstaltungen innert Wochenfrist: Das gibt zu reden.
Bewusste Brachialgewalt
Doch Musik ist nicht der einzige Köder, den die Pnos auswirft, um neue Mitglieder für ihre Bewegung anzulocken. Zu ihrer Werbetaktik gehört auch der vor knapp zwei Jahren gegründete parteieigene Sicherheitsdienst «Ahnensturm», der heute Abend im Einsatz stehen wird. «Der Ahnensturm soll vor allem jüngere Menschen anziehen», sagt Lüthard. «Wir wollen mit unserer Partei alle Leute ansprechen, auch jene, die nicht für die Parlamentsarbeit geschaffen sind und sich anderweitig einbringen wollen, zum Beispiel im Sicherheitsdienst.»
Die offizielle Abkürzung des Ahnensturm «AS» lehnt sich offensichtlich an die «SA» an. Der Sicherheitsdienst der deutschen Nazi-Partei NSDAP hatte sich in den 1920er- und 30er-Jahren vom Partei-Sicherheitsdienst zunehmend zum mörderischen Schlägertrupp gewandelt.
Auch der Ahnensturm präsentierte sich auf seiner inzwischen vom Netz genommenen Homepage als «Kampfelite», bestehend aus «Eidgenossen, die bereit sind, für ihre Ideale sehr weit zu gehen». Der AS ruft zwar nicht explizit zur Gewalt gegen Andersdenkende auf. Dennoch präsentiert sich der Pnos-Sicherheitsdienst auf Facebook als Truppe ziemlich unheimlicher Patrioten. «Eidgenossen auf in den Kampf, die Schweiz gehört uns!», «Islamische Invasion zurückdrängen.» oder «Vaterland, ewig frei! Sei unser Feldgeschrei!» verkündet er auf Facebook. Der Pnos-Sicherheitsdienst schreckt mindestens verbal also nicht vor Brachialgewalt zurück. Diese Form der Selbstvermarktung sei bewusst gewählt, bestätigt Lüthard, eben deshalb, um attraktiv zu sein für junge Leute.
Bundesrat ist nicht besorgt
Einfach jeden nimmt der Ahnensturm aber nicht. «Wir wollen im Ahnensturm ‹gstandni Manne›, die in Ausnahmesituationen tatsächlich eingreifen können», so Lüthard. Bewaffnet seien die Ahnenstürmer aber nicht. Ihre Aufgabe bestehe heute Abend beispielsweise primär darin, die Autos einzuweisen, Eingangskontrollen durchzuführen und gegebenenfalls mit der anwesenden Kantonspolizei zu kommunizieren.
Die «Kampfelite» übernimmt vorerst also rein organisatorische Aufgaben. Dennoch wirft ihre Entstehung Wellen bis nach Bundesbern. Im September wollte Nationalrat Cédric Wermuth (SP AG) vom Bundesrat wissen, ob er den Ahnensturm als «paramilitärische Organisation» einschätze. Der Bundesrat antwortete, man habe derzeit keine Kenntnis gewalttätiger Aktivitäten des AS und keinen Grund, ihn als paramilitärische Organisation einzustufen.
Wermuth selbst sagt gegenüber der «Nordwestschweiz»: «Ich hoffe schwer, dass der Bundesrat recht hat. Wir sehen in Deutschland, wie schnell diese Szene wieder wachsen kann.» Es gehe ihm darum, aufmerksam zu bleiben und die Bewegung nicht zu unterschätzen. Die Ereignisse der vergangenen Tage hätten ihm gezeigt, dass das nötig sei. Er selber fühle sich durch den Ahnensturm oder die Pnos aber nicht bedroht. «Bisher ist es bei verbalen Angriffen geblieben. Zum Glück.»
Nachgefragt
«Sicherheitsdienst ist rechtsextremes Propaganda-Tool»
Sie bezeichnen die Pnos als Nullnummer. Besteht nicht die Gefahr, dass man die Partei unterschätzt?
Samuel Althof: Nein. Man darf vom Rocktoberfest, zu dem vor einer Woche 6000 Personen angereist sind, nicht auf die Stärke der Pnos schliessen. Die Konzertbesucher kamen zum Teil aus dem Ausland. Wenn man sich anschaut, was die Pnos wirklich zustande bringt, dann ist das nicht viel. Sie ist in keiner Institution vertreten. Wirklichen politischen Erfolg hat sie nicht, auch wenn sie das selber anders darstellt.
Mit dem Ahnensturm hat die Pnos einen eigenen Sicherheitsdienst. Beunruhigt es Sie, dass eine Partei eine Kampftruppe aufstellt, um ihre Mitglieder zu verteidigen?
Nein. Wenn die SVP Angst hat, dann bezahlt sie die Securitas. Die Pnos kann sich das nicht leisten. Zudem gehört es zu den rechtsextremen Propaganda-Tools, einen eigenen Sicherheitsdienst zu haben. Damit will man provozieren: «Hallo, wir sind stark.» Verglichen mit der Polizei ist der Ahnensturm unbedeutend. Mit dem Ahnensturm versucht die Pnos, über historische Doppelbilder wie die «Sturmabteilung» SA an die politische Bedeutung der Nazis anzudocken, die sie selber aber nicht hat.
Ist es falsch, dem Ahnensturm mediale Aufmerksamkeit zu schenken?
Ruhig analysieren und beobachten ist wichtig. Mediale Skandalisierung aber ist kontraproduktiv. Das ist genau das, was die Pnos erreichen will. Die Pnos ist weder staatsgefährdend noch strukturell bedrohlich. Einen wirklichen Grund, dass die Bevölkerung über jede Regung der Partei informiert werden müsste, gibt es also nicht.
Samuel Althof
ist Leiter der Schweizer Fachstelle für Extremismus- und Gewaltpräven- tion Fexx.