Österreichs Freiheitliche lassen sich bei einer Veranstaltung in Wien über den Erfolg der SVP aufklären und entdecken viele Gemeinsamkeiten.
Von Bernhard Odehnal, Wien
Mit diesem Publikum hat es Gregor Rutz leicht. Ein saloppes «Grüezi mitenand» – und schon lacht und klatscht der ganze Saal. Dieser Schweizer Zungenschlag, den finden die Wiener ja soooo süss. Da stört es auch nicht, dass der 35-jährige Zürcher Rutz seit 1. März gar nicht mehr Generalsekretär der SVP ist. Immerhin war er sieben Jahre auf diesem Posten und kann einiges erzählen über das «Erfolgsmodell Schweizerische Volkspartei».
Die Freiheitliche Partei Österreich (FPÖ) hat zu diesem Vortrag am Montag in ein Wiener Palais geladen. Gekommen ist das Stammpublikum: Senioren mit Vergangenheit in sudetendeutschen Landsmannschaften, Kameradschaftsbünden oder rechtsextremen Gruppen. Aber auch etliche Jungpolitiker und ihre Sekretäre. Die Schweiz sei hier zu Lande doch ein «unbekanntes Wesen», erklärt der Moderator, und deshalb wolle man nun aus erster Hand hören, wie es sich denn ausserhalb der EU lebe und wie die SVP den gemeinen Verrat an Christoph Blocher verarbeitet habe.
FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ist in letzter Zeit um bessere Kontakte zu europäischen Rechtsparteien bemüht. Vor wenigen Wochen hatte er die Vorsitzenden des belgischen Vlaams-Belang, des französischen Front National und der bulgarischen Ataka nach Wien geladen, um ein neues Bündnis im EU-Parlament zu schliessen. Zur SVP hingegen war das Verhältnis des österreichischen «Dritten Lagers» immer distanziert. Als noch Jörg Haider die FPÖ von Erfolg zu Erfolg führte, verstanden sich die Freiheitlichen eher als grosser Bruder oder Lehrmeister der SVP, und wenn man FPÖ-Politiker auf auffallende Ähnlichkeiten von Kampagnen und Plakaten ansprach, kam als Antwort: «Wir sind das Original.»
An diesem Abend ist das anders: Als Rutz über eine Welle von Parteibeitritten nach der Abwahl Blochers und von zahlreichen Spenden aus der Wirtschaft berichtet, stehen den alten Freiheitlichen beinahe Tränen in den Augen. Zwar hat sich auch die FPÖ nach dem Abgang Haiders und der Existenzkrise 2005 wieder erholt, aber sie sitzt noch immer auf einem Schuldenberg. Denn als Haider und seine «Buberlpartie» vor drei Jahren das «Bündnis Zukunft Österreich» BZÖ gründeten, überliessen sie sämtliche Schulden aus vergangenen Wahlkämpfen der «alten FPÖ».
Und so sind die gemeinsamen Feinde an diesem Abend schnell gefunden: die Verschwörer im linken und bürgerlichen Lager, die Verräter in den eigenen Reihen. «Sie haben die Schlumpf, wir haben die Schlümpfe des BZÖ», wendet sich Strache mit einem Scherzchen an den Schweizer Gast. Rutz bekräftigt, dass Bundesrätin Widmer-Schlumpf für ihren Verrat aus der Partei ausgeschlossen werden müsse, erntet dafür Applaus und wird vom Publikum aufgefordert, doch bitte auch Samuel Schmid in die Wüste zu schicken.
Strache kann zwar niemanden mehr ausschliessen, Haider und Kameraden gingen ja von selbst. Aber er erteilt allen Versuchen des BZÖ zu gemeinsamen Auftritten oder einer Wiedervereinigung eine klare Absage: «Diese Leute haben versucht, uns politisch zu ermorden. Das dürfen wir nie vergessen.»
Haiders BZÖ liegt in den Umfragen ausserhalb des Bundeslandes Kärnten unter der Wahrnehmungsschwelle. Die FPÖ hingegen könnte bei den nächsten Parlamentswahlen bis zu 15 Prozent bekommen. Gern hört man deshalb von Rutz die SVP-Rezepte für Wahlsiege am laufenden Band: Ehrlichkeit, Treue zu den eigenen Werten, nicht vom Kurs abweichen, keine Anbiederungen an andere Parteien. So ähnlich sieht das auch Strache: Wie die SVP führt die FPÖ unter Haiders Nachfolger Kampagnen gegen den Bau von Moscheen, gegen den Islam, gegen die EU, gegen das Diktat aus Brüssel. Unter Strache kehrt die FPÖ zur Fundamentalopposition und zu ihren deutschnationalen Wurzeln zurück: Im Neuen werde das Bekenntnis zur deutschen Kultur wieder festgeschrieben, kündigt der Parteichef an und bekommt dafür Bravorufe aus dem Publikum. Als Haider die FPÖ in die Mitte führen wollte, wurde dieser Passus gestrichen.
Neben so vielen Gemeinsamkeiten bleibt aber doch eine gewisse Distanz: Die SVP ist sich selbst genug. Kontakte zu anderen Parteien, so wie am Montag zur FPÖ, sind nicht mehr als ein unverbindlicher «Gedankenaustausch». Österreichs Freiheitliche hingegen würden gerne nationale Allianzen schmieden, die über die EU hinausgehen. Straches Motto lautet: «Patrioten aller Völker, vereinigt euch!» Als nächster Schritt sollen die Kontakte in den Osten, bis nach Moskau, vertieft werden.