ZüriOberland24. In Deutschland sorgen die staatskritischen Reichsbürger für ungute Gefühle. Auch im Kanton St. Gallen macht sich die Bewegung breit.
Sie wollen keine Steuern zahlen. Sie verweigern sich den staatlichen Obrigkeiten. Sie sehen die öffentlichen Instanzen als feindselige Instrumente. Sie sind für Verschwörungstheorien empfänglich: die Reichsbürger aus Deutschland.
Nun bringt ein Artikel der «Sonntagszeitung» diese ideologische Bewegung mit dem Kanton St. Gallen in Verbindung. Die Zeitung schreibt, dass die Schweizer Bundesanwaltschaft gegen zwei Personen mit Wohnsitz im Kanton St. Gallen ein Strafverfahren eröffnet habe – wegen Verdachts der Unterstützung beziehungsweise Beteiligung an einer terroristischen Organisation geführt. Sprecherin Claudia Schön sagt: «Die Klärung der mutmasslichen Rollen und Absichten der beschuldigten Personen ist Gegenstand der laufenden Ermittlungen.» Ob bei den Personen auch Waffen gefunden wurden, gibt die BA nicht bekannt. Es gelte die Unschuldsvermutung.
Systemausstiegsseminar
Tatsächlich sind die deutschen Reichsbürger mit den sogenannten Staatsverweigerern in der Schweiz eng vernetzt. Besonders in der Ostschweiz tauschen sich die Gruppen aus. So planten gemäss der Sonntagszeitung im Toggenburg lokale Aktivisten im letzten November ein «Systemausstiegsseminar». In der Einladung war die Rede von «einer destruktiven Machtelite», deren Ziel die «bargeldlose Gesellschaft zur totalen Kontrolle sei». Sei das Bargeld erst einmal abgeschafft, werde die Masse mithilfe künstlicher Intelligenz und 5G versklavt. Organisiert wurde der Anlass von Aktivisten, die dem «Königreich Deutschland KRD» nahe stehen. Sie gründeten auf Telegram die Gruppe KRD Schweiz.
Wie lokale Medien berichteten, war auch KRD-Oberhaupt Peter Fitzek persönlich im Toggenburg. Weil das Seminar vor der Durchführung aufflog, wichen die Organisatoren nach Appenzell Ausserrhoden aus. Dort stellte ein Ostschweizer Unternehmer sein Lokal zur Verfügung und nahm selbst daran teil. Später besuchte er auch eine Ausbildung in Deutschland beim KRD.
Hotspot Gommiswald
Sympathien zu den Reichsbürgern wird auch den Schweizer Freiheitstrychlern nachgesagt. Im Linthgebiet sind seit der Pandemie ähnliche Tendenzen festzustellen. Im März 2021 sorgte der St. Galler Garagist Silvio Forster mit einer Corona-Skeptikerparty im Restaurant «Älpli» in Gommiswald für überregionales Aufsehen.
Bei der Bundespolizei (Fedpol) besteht der Eindruck, dass seit der Pandemie die Szene der Staatsverweigerer lauter und wahrnehmbarer geworden sei. «Ob die Gruppe auch grösser wurde, ist schwierig einzuschätzen», sagt Sprecher Patrick Jean. Bei Fedpol arbeite man eng mit Behörden zusammen, um allfälliges Gefahrenpotenzial besser einschätzen zu können. «Die Polizei muss wissen, ob jemand einfach unbequem im Umgang ist – oder ob von ihr eine Bedrohung ausgehen könnte.»
Dafür sei es wichtig, dass der Informationsaustausch gut funktioniere. «Besteht etwa der Verdacht, dass die Person illegale Waffen bei sich haben könnte, kann die Polizei auf Verfügung der Staatsanwaltschaft auch Hausdurchsuchungen durchführen», sagt Jean. Doch Fedpol relativiert auch: Bisher habe man keine Kenntnis davon, dass aufgrund der Reichsbürgerideologie Gewaltstraftaten von Staatsverweigerern verübt worden seien.