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Die Basler Staatsanwaltschaft führt Dutzende Verfahren gegen Teilnehmer einer nicht bewilligten Demo gegen eine Kundgebung Rechtsextremer. Deren Redner wurde trotz Anzeige und erdrückender Beweislast bis heute nicht verurteilt.
«Ist die Basler Justiz auf dem rechten Auge blind» fragt die Nachrichtsendung «10vor10» von SRF am Donnerstagabend. Seit über zwei Jahren ist eine Strafanzeige gegen den Basler Rechtsextremen Tobias Steiger hängig. Der damalige Präsident der Basler Sektion der nationalsozialistischen Partei Pnos hatte am 24. November 2018 im Rahmen einer bewilligten Kundgebung eine Rede gehalten und dabei antisemitische Äusserungen gemacht, die unter die Rassismus-Strafnorm fallen. Das ist auf Video dokumentiert.
Seither ist die Basler Staatsanwaltschaft mit der Aufarbeitung der Geschehnisse dieses Tages intensiv beschäftigt. Über 60 Strafverfahren wurden eröffnet und bereits über ein Dutzend Aktivisten verurteilt. Nur: Die Verfahren betreffen allesamt Teilnehmer der nicht bewilligten «Basel Nazifrei»-Gegendemonstration. Steiger wurde für seine rassistischen Äusserungen trotz Anzeige des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds bis heute nicht belangt.
«Gar nichts ist passiert», schimpft Jonathan Kreutner, Generalsekretär des SIG. Auf mehrmalige Nachfragen teilte die Basler Staatsanwaltschaft dem Verband mit, dass der Fall aus Ressourcen-, Corona- und Prioritäten-Gründen momentan noch offen behalten werde. Gegenüber SRF erklärte die Behörde, man priorisiere aktuell nach Schwere der Straftat sowie daran, wie rasch eine Aufklärung und Zuführung zu einer Beurteilung angezeigt sei. «Dabei ist der Fall so sonnenklar», hält Kreutner fest.
«Das sendet eine ganz komische Botschaft»
Für den emeritierten Professor für Strafrecht, Mark Pieth, ist klar: «Die Basler Justiz hat ein Problem», wie er gegenüber SRF. Er wählt sogar noch deutlichere Worte. «Wenn man länger als eine Woche hat für eine Anklageerhebung in so einer Sache, dann ist man im falschen Beruf.» Überhaupt setze die Staatsanwaltschaft ihre Ressourcen falsch ein. Mit grossem Aufwand würden linke Aktivisten für mindere Vergehen vor Gericht gebracht und Rechtsradikale lasse man laufen. «Das sendet eine ganz komische Botschaft.»
Die Staatsanwaltschaft widerspricht vehement. «Der Vorwurf, dass in Basel ungestraft gegen Juden gehetzt werden darf, ist absolut haltlos.» Am Donnerstag hat auch der Graue Block Steiger wegen seiner Äusserungen im November 2018 angezeigt.