Die Antifa-Bewegung erfindet sich neu

Berner Zeitung

 

Die Antifa arbeitet an ihrem Image. Statt auf unbewilligte Demos setzt sie neu auf Bürostuhlrennen und Filmabende.

Seit gestern ist klar: Dieses Jahr gibt es keinen antifaschistischen Abendspaziergang mehr. Nachdem 2006 der 7.Spaziergang

in Gewalt unterging, mussten die Organisatoren die Kontraproduktivität dieser Demos eingestehen: Vier von sieben «Spaziergängen» gerieten in den letzten Jahren ausser Kontrolle und endeten in Strassenschlachten mit riesigen Sachschäden. Gleichzeitig geriet die Antifa-Bewegung zum Synonym für dumpfen Vandalismus. In den letzten Monaten haben sich darum die verschiedenen lokalen Gruppierungen zusammengesetzt und Strategien diskutiert, wie sie ihre Botschaft künftig glaubhaft in der Öffentlichkeit bekannt machen können. Das Resultat gaben die Aktivistinnen und Aktivisten gestern per Communiqué bekannt: «Mit einem bunten Strauss von Aktionen und Happenings wollen wir diesen Frühling und Sommer ein unmissverständliches Zeichen setzen für eine Gesellschaft ohne Ausbeutung, Ausgrenzung», heisst es darin. Im Rahmen der Kampagne «Die Dinge in Bewegung bringen» seien Anlässe in Bern, Biel, Solothurn, Thun und Burgdorf geplant.

 

Gummiboot-Demonstration

Um die politischen Inhalte zu transportieren, setzt die Antifa auf verschiedenste Mittel. In Bern sind beispielsweise am 9.Juni ein «antifaschistisches Bürostuhlrennen» auf dem Bundesplatz sowie eine Gummibootdemo am 23.Juni auf der Aare geplant. Das Motto: «Auf dem Lande, auf dem Wasser ? nieder mit dem Menschenhasser.» Etwas Ähnliches gab es bereits vor zwei Jahren: Damals hatten Linke mit mehr als 50 Booten auf der Aare gegen den G-8-Gipfel protestiert. Neben dem Spassfaktor soll aber auch Inhaltliches geboten werden. In der Reitschule stehen in den Monaten Mai und Juni diverse thematische Film- und Literaturabende mit anschliessenden Diskussionsrunden auf dem Programm. Und auch die Demo darf natürlich nicht fehlen. Zum Abschluss der Antifa-Kampagne soll am 7.Juli in Bern eine grosse, «selbstdisziplinierte» Kundgebung stattfinden.

Kornhaus statt Reitschule

Dass die Antifa-Bewegung mit derlei Aktivitäten punkten kann, hat sie im vergangenen Sommer bewiesen. Damals holten die Aktivisten erstmals seit dem Jahr 2000 wieder eine polizeiliche Bewilligung für einen Umzug ein, der prompt ohne Zwischenfälle oder Sprayereien über die Bühne ging. Gut besucht war ebenfalls die Themenausstellung «Brennpunkt Faschismus», die am selben Wochenende in der Galerie des Kornhausforums ? und für einmal nicht in der Reitschule ? stattfand. Es ist offensichtlich: Die Antifa Bern ist im Aufbruch und sucht nach Wegen aus ihrer Selbstisolation.

Pascal Schwendener

www.antifa-kampagne.ch