Zürcher Unterländer. Prozess. Dem Beschuldigten werden ein Waffenlager und die Verharmlosung von Auschwitz vorgeworfen.
Für den Staatsanwalt war klar, dass am Dienstag im Bezirksgerichts Hinwil kein rechtschaffener Bürger neben ihm sass. «Er gibt sich seriös, aber er ist zweifellos ein Nazi», sagte er über den 32-Jährigen aus Thüringen, der für einige Jahre im Zürcher Oberland wohnte und den deutschen Behörden seit längerem bekannt ist. Die Tätowierungen sprechen für sich. Der Deutsche mit dem Schnäuzchen trägt Hakenkreuze und Fritz Sauckel, den NSDAP-Gauleiter aus Thüringen, auf der Haut. Das frühere Facebook-Profil des gelernten Kochs lautete auf den Namen «Rechtzman Skinboi», seine Freunde sind gemäss Staatsanwalt «das Who’s who» der Nazi-Szene.
2000 Schuss Munition
Vor Gericht stand er jedoch nicht wegen seiner Tätowierungen oder seiner Freunde, sondern wegen eines Waffenlagers unter dem Bett. Die Polizei fand ein Sturmgewehr, eine Maschinenpistole sowie fast 2000 Schuss Munition. Angeklagt ist er auch wegen eines Facebook-Posts, in dem er einen Zeitungsbericht über eine Auschwitz-Überlebende mit einem «Facepalm»-Emoji kommentierte, also mit dem Zeichen für «sich an den Kopf fassen». Dazu stellte er die Bemerkung, dass ja sieben Millionen Juden überlebt hätten.
Für den Staatsanwalt ist klar, dass er habe suggerieren wollen, dass es in Auschwitz ja gar nicht schlimm gewesen sei. Schliesslich hätten viele Juden überlebt. Der Deutsche ist deshalb wegen Vergehen gegen das Waffengesetz und Rassendiskriminierung angeklagt. Der Staatsanwalt fordert dafür eine Freiheitsstrafe von 32 Monaten. Davon soll er 16 Monate absitzen. Der Staatsanwalt beantragt zudem einen Landesverweis von 14 Jahren.
Der Neonazi lebt bereits seit Februar wieder in Thüringen, seine Zelte in der Schweiz hat er abgebrochen. Er könnte sich somit auch nicht auf das Freizügigkeitsabkommen berufen. In seiner Heimat ist er derzeit ohne Stelle, er lebt von Hartz-IV-Arbeitslosengeld.
Gegen «Schubladisierung»
Der Beschuldigte stritt – wenig überraschend – ab, ein Neonazi zu sein. «Ich lasse mich nicht schubladisieren», sagte er. Seine Tätowierungen seien keineswegs Zeichen für Hass oder Gewalt. Das Hakenkreuz etwa sei ja bekanntlich ein Sonnensymbol. Er gab zu, den Facebook-Post zu Auschwitz gemacht zu haben. Allerdings nur, weil er sich darüber genervt habe, dass man jeden Tag noch über diese Zeit lesen müsse, die ja nun schon 80 Jahre her sei. «Als ob wir keine anderen Probleme auf der Welt hätten.»
Beim Thema Waffenlager verweigerte er die Aussage. Allerdings war seine DNA auf allen Waffen sichergestellt worden. Sein Anwalt forderte wegen Widerhandlung gegen das Waffengesetz eine Geldstrafe, 100 Tagessätze zu 10 Franken, bedingt bei einer Probezeit von drei Jahren. Vom Vorwurf der Rassendiskriminierung sei er aber freizusprechen. Das Bezirksgericht Hinwil wird das Urteil zu einem späteren Zeitpunkt und schriftlich eröffnen. (sda)