Aargauer Zeitung: Neonazikonzert · Die Songs von rechtsextremen Bands sind meist zu wenig konkret, um gegen sie vorzugehen.
Die Rechtsrocker der Band «Frontalkraft» verfolgen mit ihrer Musik eine bestimmte Absicht. Ihr Ziel sei, die Menschen in Deutschland und Europa «wachzurütteln», sagten sie einst zum Magazin des internationalen Netzwerks «Blood & Honour» (deutsch: Blut und Ehre), das in Deutschland verboten ist. Konkreter: «Dem Volk nationalistische Botschaften und Gedanken zu bringen.» Auch am letzten Samstag verbreiteten sie mithilfe ihrer Musik ihre Botschaft, als sie im Toggenburg vor 6000 Neonazis rockten.
Dass rechtsextreme Bands in der Schweiz ungestört auftreten können, lässt aufhorchen. Zwar stand die Veranstaltung unter Beobachtung der Behörden, doch eine Einreisesperre wurde im Vorfeld gegen keinen der Musiker erwirkt. Das Bundesamt für Polizei (Fedpol), das gemäss dem Bundesgesetz präventiv eine solche verfügen könnte, verweist an den Nachrichtendienst des Bundes (NDB). Dieser habe keine Einreisesperre beantragt, sagt Catherine Maret, Leiterin Kommunikation und Medien des Fedpols. Der Nachrichtendienst schreibt seinerseits der Nordwestschweiz: «Der NDB kommentiert grundsätzlich keine Einzelfälle.»
«Um ein Einreiseverbot zu erwirken, braucht es in erster Linie eine Gefährdungslage», sagt Reto Müller, Lehrbeauftragter für Sicherheits- und Polizeirecht an der Universität Basel. «Meist reicht bereits eine einschlägige Verurteilung in der Schweiz oder im Ausland.» Etwa wenn einer der Musiker wegen Verstoss gegen eine Anti-Rassismus-Strafnorm vorbestraft wäre.
«Schwarz ist die Nacht»
Seit 1992 stehen die Rechtsrocker von «Frontalkraft» bereits auf der Bühne und veröffentlichten in dieser Zeit sieben Alben. Unter anderem «Operation Deutsche Nation» und «Lieder, die wir für Deutschland schrieben». Zu ihren erfolgreicheren Songs gehört «Schwarz ist die Nacht». Dessen Refrain findet sich auch aufgedruckt auf Fanartikeln. Beispielsweise auf schwarzen Kapuzenpullovern, die einige Neonazis auch im Toggenburg trugen. Im Refrain heisst es: «Schwarz ist die Nacht, in der wir euch kriegen, weiss sind die Männer, die für Deutschland siegen, rot ist das Blut, auf dem Asphalt.» Schwarz, weiss, rot – die Reichsfarben des Deutschen Reiches von 1933 bis 1945.
Aufruf zu Gewalt sei zwar ein möglicher Grund, um ein Einreiseverbot aussprechen zu können. Aber in diesem Fall, sei der Aufruf wohl zu wenig konkret, sagt Reto Müller. «Es wird keine Ethnie, Rasse oder anderes Merkmal einer Minderheit genannt, gegen den sich der Aufruf richtet.» Auch eine Angabe des Ortes und der Zeit fehle. «Rechtsradikale Künstler versuchen oft, ihre Botschaft so zu verschlüsseln, dass man sie zwar mit gesunden Menschenverstand noch nachvollziehen kann, aber abstrakt genug, dass man ihnen keine strafbare Handlung mehr vorwerfen kann.»
Umgekehrter Hitlergruss
Beispiel: Der französische Komödiant Dieudonné, der in Frankreich schon mehrfach wegen Rassismus verurteilt wurde. Dieser vollführt bei seinen Auftritten jeweils eine Art umgekehrten Hitlergruss, der auch schon von führenden Mitglieder der rechtsextremen Front National in Frankreich gezeigt wurde. Die Stadt Genf versuchte vor einigen Jahren, einen Auftritt des Komödianten zu verhindern. Ohne Erfolg. Das Bundesgericht entschied zugunsten der Meinungsfreiheit. Der Franzose durfte in Genf auftreten.
«Das bedeutet aber nicht, dass die Behörden solche Veranstaltungen unterstützen», sagt Müller. Vielmehr bleibe die Ahnung strafrechtlich relevanter Sachverhalte vorbehalten. «Zudem ist es eine wichtige Aufgabe der Zivilgesellschaft, sich gegen Extremismen argumentativ zur Wehr zu setzen, Inhalte zu entlarven und zu entkräften.»