Das Störmanöver der Skinheads auf dem Rütli hat nun auch den Bundesrat erreicht – Leuenberger kritisiert indirekt Blocher
Bundesrat Leuenberger macht SVP-Exponenten mitverantwortlich für das Schaffen einer «hasserfüllten Stimmung». Kollege Merz konstatiert, es fehle die Kultur des Dialogs.
Heidi Gmür
«Wer reisst denn die Hemmschwellen nieder», fragte Bundesrat Moritz Leuenberger gestern in einem Interview des «Tages-Anzeigers». «Woher kommen denn Ausdrücke gegenüber dem Bundespräsidenten wie ,charakterlos? oder ,Halbbundesrat?? Aus den Federn und Mündern einer Bundesratspartei.» So werde eine «hasserfüllte Stimmung geschaffen». Klar ist, wen Leuenberger damit in die Pflicht nimmt: SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli und SVP-Bundesrat Christoph Blocher. Denn ihnen haben die Rechtsextremen die erwähnten Ausdrücke bekanntlich entlehnt, als sie Samuel Schmid im Rahmen der 1.-August-Feier auf dem Rütli als «charakterlosen Halbbundesrat» bezeichneten.
Leuenberger stellte gestern indes klar, dass er seine Aussagen nicht derart personenfokussiert verstanden haben wollte und Blocher auch nicht «mitverantwortlich für Pöbeleien» auf dem Rütli macht, wie der «Tages-Anzeiger» im Titel schrieb. Zum «inakzeptablen Umgangston in der Politik» trügen denn auch nicht nur SVP-Exponenten bei, sondern etwa auch Journalisten.
Bundesrat Hans-Rudolf Merz äusserte sich gestern im «Blick» zu den Ereignissen auf dem Rütli und konstatierte, dass in der Schweiz die Kultur des Dialogs fehle. Bereits in seiner 1.-August-Rede hatte er erklärt: «Das Säen von Staatsverdrossenheit, das Spiel mit Halbwahrheiten, die obsessive Suche nach der öffentlichen Kritik und die Diffamierung bringen das Land nicht vom Fleck.» An wen er dabei gedacht hat, sagte Merz aber auch nicht.
Derweil erwarten im Nachgang zum Eklat auf dem Rütli der Historiker Georg Kreis und selbst SVP-Politiker wie Hans Lauri (BE) oder Ulrich Siegrist (AG) gerade auch von der SVP eine klare Antwort auf das Phänomen Rechtsextremismus. Gerade sie als national-konservative Partei sei in der Pflicht, sich klar abzugrenzen. Während Blocher aber nach wie vor schweigt, erklärte Mörgeli auf Anfrage, weder er noch Blocher hätten je Ausdrücke wie «charakterlos» oder «Halbbundesrat» gebraucht – um später doch noch einzuräumen, dass es wohl keinen Unterschied gibt zwischen dem Ausdruck «charakterlos» und der Aussage, jemand habe «keinen Charakter». Mörgeli distanzierte sich auch von der Pnos, die den Aufmarsch auf dem Rütli anführte: «Was sie vertritt, ist schrecklich.»