Der lange Kampf des Dominik Bein

Thurgauer Zeitung vom 28.03.2012

Neun Jahre, nachdem Rechtsradikale ihn in Frauenfeld zusammengeschlagen haben, muss Dominik Bein um finanzielle Hilfe kämpfen. Die Täter befinden sich mittlerweile auf freiem Fuss. Dominik aber wird sein Leben lang behindert bleiben.

IDA SANDL

RICKENBACH. Zuerst ein Freudenschrei, dann lautes Lachen: Dominik Bein strahlt übers ganze Gesicht. Das Radio, das er selber gebaut hat, funktioniert. Die Szene ist heute abend in der Sendung «Rundschau» des Schweizer Fernsehens zu sehen. Rundschau-Reporter Dölf Duttweiler zeigt darin auf, wie der hirnverletzte Dominik Bein um sein Recht kämpft.

Das Radio hat Dominik Bein mit seiner Ergotherapeutin angefertigt. Damit ging auch die Ergotherapie Anfang Jahr zu Ende. Die Logopädie für Dominik wurde schon vor längerer Zeit gestrichen.

Die Perspektiven sind schlecht

15 Jahre war Dominik Bein alt, als er von rechtsextremen Gewalttätern in Frauenfeld brutal zusammengeschlagen wurde. Jetzt, neun Jahre später, zahle die Krankenkasse die Therapien nicht mehr. Sie begründete dies dem «Rundschau»-Team gegenüber damit, dass Langzeittherapien immer mal wieder unterbrochen werden müssten. So zeige sich, ob sie tatsächlich etwas nützten.

Derzeit sieht es nicht gut aus für Dominik Bein. «Ihm fehlt Beschäftigung», sagt Mutter Rosmarie Bein. Mehrere geschützte Werkstätten hat sie mit ihrem Sohn besucht. Aber dorthin will Dominik nicht, das ist ihm zu monoton. «Er ist ja nicht geistig behindert, nur hirnverletzt», sagt seine Mutter. Eine normale Beschäftigung würde ihn überfordern, Dominik kann sich schlecht ausdrücken, sein Kurzzeitgedächtnis funktioniert nicht gut und er kann sich nicht lange konzentrieren.

Dominik kann zwar einfache Aufgaben erledigen, aber er braucht lange dafür. Vor allem ist er sehr gerne unter Menschen. Rosmarie Bein hat schon in Kindergärten und Altersheimen nachgefragt, ob er dort ein paar Stunden mithelfen könne. Die Antwort, die sie bekommt ist immer die Gleiche: Dominik sei mehr Belastung als Hilfe.

Die einzige Abwechslung für Dominik ist, dass er zweimal in der Woche im Fitnessclub «Body Power» in Rickenbach trainieren darf. Das ist der Hilfsbereitschaft des Inhabers zu verdanken, der ihm kostenlos einen Personal-Trainer zur Verfügung stellt.

1300 Franken Rente im Monat

Mehr liegt finanziell für die Beins nicht drin. «Finden Sie sich damit ab», habe man ihr gesagt, erzählt Rosmarie Bein. Aber sie gibt nicht auf, auch wenn es oft zermürbend ist. «Dominik macht immer noch Fortschritte, wenn er gefördert wird», sagt sie und setzt kämpferisch hinzu: «Ich finde mich nicht ab.» Für die Beins besonders schwer zu ertragen ist, dass für die Täter scheinbar besser gesorgt wird als für das Opfer. Als Jugendinvalider bekommt Dominik rund 1300 Franken Invalidenrente im Monat. Davon kann kein Mensch leben. Sein Anwalt Manfred Dähler wollte in einem ersten Schritt erreichen, dass Dominik zumindest auf ein Einkommen von 2500 bis 3000 Franken kommt. Sechs Männer haben ihn fast tot geschlagen. Würde jeder von ihnen 200 bis 300 Franken im Monat zahlen, wäre Dominik zumindest finanziell ähnlich gestellt wie diejenigen, die für sein Schicksal verantwortlich sind. Doch die Täter machen nicht mit.

Wenig Verständnis fürs Opfer

Auf Unterstützung der Bewährungshelfer konnte der Anwalt nicht zählen. Man habe ihm nicht einmal die aktuellen Adressen der Täter genannt. Eine Schuldensanierung wäre nur über einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren möglich gewesen. Da es für die Täter nicht zumutbar sei, ein Leben lang Schadenersatz zu leisten. Andernfalls hätten die Täter Privatkonkurs angemeldet, damit wäre die Vereinbarung hinfällig gewesen. «Lebenslänglich gilt scheinbar nur für das Opfer», sagt Dähler.

Den Schadenersatz gerichtlich durchzusetzen, sei ebenfalls schwierig, erklärt Dähler. Der Schaden von Dominik beträgt allein schon beim Erwerbsausfall über eine Million Franken. Ein solcher Prozess sei zum einen sehr teuer. Andererseits nütze es wenig, ihn zu gewinnen. Da die Täter ja kein Vermögen haben.

Wie es um ihre Reue bestellt ist, weiss man nicht. Bei Dominik hat sich kein Täter jemals persönlich entschuldigt.