Im Dreiländereck am Bodensee kooperiert die bayerische Polizei eng mitihren Kollegen aus Baden-Württemberg, der Schweiz und Österreich.Rechtsradikale arbeiten über die Grenzen zusammen. Jetzt tut das auch diePolizei – und hat damit erste Erfolgeaus Kempten KLAUS WITTMANNDas Allgäu ist seit Jahren als „braune Ecke“ verschrien. Nicht vergessenist in der Region der Schock, den Neonazis auslösten, als am 24. September1985 in Memmingen eine Rohrbombe auf einem Spielplatz explodierte. Nichtvergessen auch der Aufmarsch der Rechten in Nesselwang und kurz darauf derÜberfall auf Punker auf der Autobahn.Doch solche Angriffe sind im Allgäu seit einiger Zeit nicht mehr passiert,obwohl die Skinheads immer noch Zulauf haben. Der Rückgang der rechtenGewalt könnte damit zusammenhängen, dass die Polizei konsequenter gegenrechte Umtriebe vorgeht. Sie überwacht die Szene und arbeitet eng mit denKollegen im angrenzenden Bodenseeraum, in Österreich, Liechtenstein, derSchweiz und Baden-Württemberg zusammen.Im Dreiländereck am Bodensee waren Skinheadtreffen beinahe an derTagesordnung. Die rechte Szene profitierte von den bürokratischenErschwernissen für die ermittelnden Beamten. Jetzt ermöglichen kurzeDienstwege die gezielte Fahndung, berichtet der leitende Polizeidirektoraus Kempten, Hans-Jürgen Memel. „Wir haben einen Lageaustausch zwischen denPolizeichefs in den verschiedenen Ländern beschlossen.“ Der KemptenerKripochef Walter Hägele berichtet, ein Rechtsradikaler aus Zürich habe inWürzburg übers Internet Propagandamaterial bestellt. Auf dem kurzenDienstweg baten die Kemptener ihre Züricher Kollegen um Hilfe. Dieverschlüsselte Internetadresse konnte so geknackt werden, und die Beamtenerhielten wichtige Informationen über die Beziehungen von Züricher undWürzburger Neonazis. Kommissar Uwe Walter ist auf Festplattenanalyse undInternetrecherche spezialisiert. Sein jüngster Erfolg: DieStaatsanwaltschaft hatte die Anzeige eines Äthiopiers an ihnweitergeleitet: „Der Mann hatte eine Reihe übelster Äthiopierwitze auf derHomepage eines Allgäuers entdeckt.“ Was folgte, waren eine Hausdurchsuchungund die Beschlagnahme des Computers. Der Mann wurde wegen Volksverhetzungangeklagt.In der Bodenseeregion kooperieren die Polizeibehörden nicht nuruntereinander, sondern auch mit anderen Dienststellen. Auf einem Bauernhoffand laut Hans-Jürgen Memel ein gut besuchtes Skinheadtreffen in einemausgebauten Stadel statt. Die Polizei erfuhr davon und informierte dieVerwaltungsbehörden. Diese erließen einen „sofort vollziehbaren Beschluss“.Der Stadel musste umgebaut werden und konnte daraufhin nicht mehr fürTreffen genutzt werden.Die rechtsextreme Szene besteht nach Polizeiinformationen im Allgäu ausetwa 160 Aktiven. „Die Zahl nimmt eher zu, weil Jüngere dazukommen. Wirhaben aber keine Hinweise darauf, dass die Alten ausscheiden“, sagt derKripochef. „Viele unserer Beamten surfen in ihrer Freizeit im Internet“,berichtet er. Wenn sie dort neue Informationen von oder über Rechtsradikaleentdecken, geben sie die weiter. Oftmals melden auch Bürger, dass sie voneinem Skinheadtreffen erfahren haben. Manchmal gibt die Szene der Polizeiselbst Bescheid – wie am vergangenen Wochenende, als Skinheads eineTauffeier für ein Neugeborenes veranstalteten.Bei den verschiedenen Treffen der Rechten bekommen die Mitarbeiter desStaatsschutzkommissariats Informationen über Neuzugänge. Polizeichef Memelberichtet: „Wir gehen an die Jugendlichen heran und verdeutlichen ihnen dieFolgen eines weiteren Abgleitens in die Szene.“ Die Polizisten machen denjungen Leuten klar, „dass wir über sie ganz genau Bescheid wissen“ – undinformieren die Eltern.