Der Grosse Rat bleibt knapp bürgerlich

Basellandschaftliche Zeitung vom 29.10.2012

 

Stabil · Bei den Parlamentswahlen kommt es zu keinen Verschiebungen der Machtverhältnisse

Nicolas Drechsler

Gewinner bei den Grossratswahlen sind eigentlich die Grünliberalen. Und das, obwohl sie wie bisher fünf Sitze haben. Da die bürgerlichen Parteien leicht zugelegt haben, aber der rot-grüne Block ebenfalls einen Sitzgewinn verzeichnet, kann die kleine Fraktion weiterhin das Zünglein an der Waage spielen. Die EVP, die in Zukunft mit nur noch einem Sitz keinerlei Einfluss mehr haben wird, fällt als Ausgleich weg. Die fünf Stimmen der Grünliberalen sind also noch wichtiger als bisher. Dass die SP, entgegen ihrem nationalen Abwärtstrend, einen Sitz dazu gewinnen konnte, ist «ein klares Signal, dass die Basler Partei gut aufgestellt ist», wie Parteipräsident Martin Lüchinger stolz zu Protokoll gab.

 

SVP steigerte sich nochmals

 

Und auch die SVP legt einen Sitz zu, entgegen der weit verbreitenden Annahme, sie habe bei den letzten Wahlen mit 14 Sitzen ihre Hochwassermarke erreicht. Entsprechend zufrieden war Präsident Sebastian Frehner, der von einem «ausgezeichneten Resultat» spricht. Hier hat wohl die Sicherheitsdiskussion der letzten Monate doch einige Wirkung gezeigt.

 

Mitte schlägt sich wacker

 

Dass die FDP und die LDP je einen Sitz zulegen konnten, während die CVP stabil bleibt, deutet darauf hin, dass die bürgerliche Mitte in Basel immer noch gefragt ist. Auch wenn ihr Abgesang in den vergangenen Jahren immer wieder angestimmt wurde. Das dürfte auch den Diskussionen Auftrieb geben, bei den nächsten Regierungsratswahlen eine Koalition aller bürgerlichen Kräfte anzustreben. Die Bürgerliche Demokratische Partei (BDP) scheiterte in allen Wahlkreisen klar an der Vier-Prozenthürde. Das Gedränge im politischen Zentrum wird also nicht noch grösser, als es ohnehin schon ist. Nun wird es an den Verhandlungskünsten der bürgerlichen Grossräte liegen, wie oft es gelingt, die Grünliberalen auf ihre Seite zu ziehen.

 

Comeback der Rechtsextremen

 

Die rechtsextreme Volksaktion gegen zu viele Ausländer (VA), die unter der Führung Eric Webers nach zwanzig Jahren im politischen Offside ihren Wiedereinzug in den Grossen Rat feiert, dürfte eine Wundertüte sein, was ihr Stimmverhalten angeht. Weber macht einen dermassen wirren Eindruck, dass nicht abzusehen ist, wie er sich in sachpolitischen Fragen verhalten wird. Der Schock, dass Weber und mit ihm einer seiner Parteigenossen wieder im Parlament anzutreffen sein werden, sass bei Politikern wie Beobachtern am Sonntag tief. Nach den Ursachen dürfte noch länger geforscht werden.

 

Persönlichkeiten entscheidend

 

Einmal mehr zeigte sich, dass auch bei den Grossratswahlen die Person des einzelnen Kandidaten zählt. Beispielsweise schaffte Felix Eymann, der erstmals auf der LDP-Liste im Kleinbasel kandidierte, problemlos den Sprung über die Parteihürden hinweg. Und weil mit André Auderset ein weiterer profilierter Liberaler im Kleinbasel antrat, legte die Partei dort einen Sitz zu. Wobei Eymann Auderset sogar noch überholte und den ersten Listenplatz einfuhr. Weiterer prominenter Neuzugang im Grossen Rat ist allen voran alt Nationalrat Ruedi Rechsteiner bei der SP. Er lieferte das beste Wahlresultat aller Kandidierenden in Grossbasel-West ab, noch vor Grossratspräsident und Parteikollege Daniel Goepfert. Ebenfalls in Zukunft in der SP-Fraktion anzutreffen sein, wird die Präsidentin der Juso, Sarah Wyss.

 

Einige Promis gewählt

 

Tobit Schäfer (SP) kann in Zukunft an den Ratssitzungen mit seinem Bruder Elias Schäfer (FDP) debattieren, der im Westen gewählt wurde. Und bei der SVP gibt es eine politische Wiedergeburt zu verzeichnen: Parteisekretär Joël Thüring ist ab sofort wieder Grossrat. Und trifft dort unter anderen auf den Fanbeauftragten des FC Basel, Thomas Gander, der für die SP ins Parlament einzieht. Und um den Prominentenreigen abzuschliessen: Karl Schweizer hat den Sprung ins Parlament ebenfalls geschafft. Die SVP hat also einen fraktionseigenen Schnitzelbänkler und einiges an Finanzkompetenz gewonnen. Aber trotz dieser Verschiebungen und der neuen Gesichter: Unter dem Strich bleibt die Feststellung, dass sich im Grossen Rat nicht allzu viel ändern dürfte in den nächsten vier Jahren.