Der braune Kern soll nicht durchschimmern

Tages-Anzeiger.

Die rechtsextreme Pnos steht aus Imagegründen nicht offen zum Nationalsozialismus. Dafür beschönigt sie gar eine Umfrage.

Schon vor der Corona-Krise hatte die Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) Mühe, ihre Veranstaltungen zu bevölkern. Obwohl die Pnos nach eigenen Angaben mehr als 800 Mitglieder zählt und damit die grösste rechtsextreme Bewegung der Schweiz ist, kommen zu ihren «Stammtischen» häufig nur eine Handvoll Mitglieder und Sympathisanten. Manche der Kantonalsektionen weisen kaum noch Aktivitäten auf.

Intern wird über die Ausrichtung der Partei gestritten und die Führungsschwäche der Kader kritisiert. Es gibt einen eher patriotischen Flügel und Vertreter einer völkisch-nationalen Linie. Die Pnos hat deshalb schon im Dezember eine Umfrage unter ihren Mitgliedern durchgeführt, um den künftigen Kurs der Partei besser abstecken zu können. In der aktuellen Nummer des Parteimagazins «Harus» wurden die wichtigsten Ergebnisse veröffentlicht. Harus war der Kampfruf der schweizerischen Frontenbewegung zur Nazizeit. Er wurde gebrüllt, wenn die Schweizer Nazis den Arm zum Hitlergruss hoben. Heute zeigen die Pnos-Leute – zumindest in der Öffentlichkeit — lieber nur die drei Finger des Rütlischwurs.

«Kulturhistorisch erwachsene Weltanschauung»

Im Parteimagazin heisst es nun bei der Kommentierung der Umfrageergebnisse verschämt, dass der «authentisch-nationale Kurs» auf «eine sympathische Art und Weise unter die Leute gebracht werden» solle. Dazu gehöre, dass die Pnos «für eine gesunde Volksgemeinschaft» plädiere, die nichts gemeinsam habe «mit diesem ungesunden Konstrukt namens Gesellschaft».

Gefragt wurden die Parteimitglieder auch, ob die Pnos «historische Sachen» wie den Nationalsozialismus beleuchten oder aus strategischen Gründen lieber weglassen solle. Rund zwei Drittel sprachen sich dafür aus, die Nazi-Ideologie zu thematisieren, wobei «Harus» das Wort Nationalsozialismus in einer Kuchengrafik durch «kulturhistorisch erwachsene Weltanschauung» ersetzte. Man versucht, den braunen Kern nicht zu stark durchschimmern zu lassen. Oder wie es das Parteimagazin ausdrückt: Nebst den patriotisch ausgerichteten Leuten würden sich viele zur «authentisch-nationalen Linie» bekennen. Doch es sei eben eine Sache, wie man sich selbst sehe, und eine andere, wie man als Partei gegen aussen hin auftrete.

Für den äusseren Schein spielt auch der Parteiname eine wichtige Rolle. Internen Kritikern wäre es lieber, wenn die völkisch-nationale Gesinnung stärker sicht- und spürbar wäre. So wurden auf den Fragebögen neue Parteinamen vorgeschlagen wie «Völkisches Erwachen», «Sozialnationale Aktion» oder «Partei Nationaler Sozialisten». Die grosse Mehrheit der Befragten sprach sich aber für die Beibehaltung des Namens Pnos aus. Trotzdem soll das Parteiprogramm nun überarbeitet werden. Wie die neuen Leitlinien aussehen werden, steht noch in den Sternen. Im Moment fordert die Pnos etwa die Kastration von Pädophilen und ein weitgehendes Verbot von Abtreibungen. Ausserdem lehnt sie Kinderkrippen ab, «weil diese eine Verantwortungsverschiebung von den Eltern auf den Staat nach sich ziehen».

Corona-Antisemitimus

Dass die Pnos trotz aller Heimlichtuerei als Nazi-Partei verschrien ist, hat auch mit ihrem besonders radikalen Flügel zu tun, in dem der Chef der Pnos-Sektion Basel, Tobias Steiger, eine gewisse Rolle spielt. Steiger ist der Parteiführung als Querkopf bekannt, er posiert offen mit Hakenkreuz und SS-Totenkopf und verbreitet antisemitische Verschwörungstheorien in den sozialen Medien. So hätten die Zionisten die Schweiz und Europa nicht nur mit Afrikanern und Muslimen besiedelt. Vielmehr sei auch Corona «ein Virus der Zionisten» – sprich: Juden –, das uns töte und unsere Wirtschaft schwäche.

In etwas weniger radikaler Form finden sich solche Thesen auch auf der Website der Pnos. Dort wird zum Beispiel die Frage gestellt, ob es sich bei der Pandemie «um eine geplante Reduktion der Weltbevölkerung zum Schutz des Klimas» handeln könnte. Um die Krise zu überstehen, wird den Pnos-Sympathisanten unter dem Titel «Kraft durch Freude» geraten, sich Bilder vom eigenen Gemüsegärtchen zu schicken. «Kraft durch Freude» hiess die Freizeitorganisation Hitler-Deutschlands.