Den Anführern droht eine Strafuntersuchung

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Bundespräsident Samuel Schmid war nach seiner 1.-August-Rede auf dem Rütli konsterniert – und wütend. Die rechtsextremen Pöbler dagegen feiern sich überschwänglich. Die «entschlossenen Eidgenossen» seien schon beinahe in der Überzahl gewesen, frohlockte die Partei national orientierter Schweizer (Pnos). «Der einzige störende Faktor war Bundesrat Schmid mit seinen volksverräterischen Parolen», doch der habe seine Quittung aus dem Publikum laut und deutlich erhalten.

Eine späte Quittung könnten jedoch auch die Triumphierenden erhalten. Die Urner Kantonspolizei will auf Grund ihrer Videoaufnahmen die Rädelsführer ermitteln, die Schmids Festrede mit unflätigen Zwischenrufen und Schlachtgesängen störten. «Wenn Verantwortliche ausgemacht werden können, droht ihnen ein Strafverfahren», bestätigt der Urner Sicherheitsdirektor Josef Dittli.

Eine Schwierigkeit bleibt zu überwinden: Die verletzenden und störenden Verbalattacken müssen den Urhebern zugeordnet werden. Als Straftatbestände kommen Nötigung – ein Offizialdelikt – und Ehrverletzung in Frage. Das Vergehen der Nötigung ist für den grünen Nationalrat und Anwalt Daniel Vischer erfüllt. «Ich erinnere mich an Fälle aus der Zeit der Jugendunruhen in den Achtzigerjahren, als weniger gravierende Vorkommnisse zu Verurteilungen führten.»

Eine Verschärfung der Gesetze erachtet Vischer als unangemessen, «die Grundlagen sind ausreichend, um gegen Extremisten vorzugehen.» CVP-Präsidentin Doris Leuthard dagegen erwägt, das Hoo- ligangesetz auszuweiten. Die vom Bundesrat ausgearbeitete Vorlage soll nicht nur bei Fussball- und Eishockeyspielen gelten, sondern bei allen Grossanlässen. Demnach könnten etwa auch Demonstrierende am Weltwirtschaftsforum in Davos oder bei 1.-Mai-Kundgebungen belangt werden.

Urs von Daeniken vom Dienst für Analyse und Prävention des Bundes ortet in der rechtsextremen Szene ein grösseres Potenzial zur Mobilisierung. Allerdings seien die Organisationen nur regional verankert. «Eine grossflächige Führungsstruktur und eine nationale Leaderfigur fehlen», sagt von Daeniken. Am stärksten seien die Gruppierungen verankert, die sich politisch betätigen – wie etwa die Pnos. Der Thurgauer SVP-Nationalrat Alexander Baumann betrachtet die rechte Szene nicht als fundamentale Bedrohung. Er bezeichnet den Auftritt der Rechts- radikalen auf dem Rütli schlicht als «lächerlich». Und plädiert dafür, den Vorfällen nicht zu viel Gewicht beizumessen, um ihre Bedeutung nicht unverhältnismässig zu steigern.