Demo mit 1000 Personen – ohne Krawalle
Gegen 1000 Personen haben gestern Nachmittag gegen alle Art von Faschismus demonstriert. Der von der Polizei bewilligte antirassistische Sonntagsspaziergang führte durch Berns Gassen und blieb ruhig.
Das wichtigste vorab: Der antirassistische Sonntagsspaziergang verlief absolut gesittet und ohne Zwischenfälle. Keine Pöbeleien, keine Zerstörung, keine Aggressionen: Endlich, ist man geneigt zu sagen, hat es die Antifa-Bewegung geschafft, auf friedliche Art und Weise auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen. «Die Kundgebung ist im Rahmen der von der Polizei erteilten Bewilligung vonstatten gegangen», schrieb die Berner Stadtpolizei in einer Medienmitteilung. Es habe weder Ausschreitungen noch Sachbeschädigungen gegeben, bestätigte Polizeisprecher Thomas Jauch auf Nachfrage.
Die Demonstration bildete den Abschluss des «Antifascist Festival» (siehe Text nebenan). Gleichzeitig war es aber auch eine Art Ersatzdemonstration. So wollten die Initianten des «Bündnis für ein buntes Brunnen» ursprünglich am 1. August ein Strassenfest in Brunnen (Kanton Schwyz) «gegen die ständig wachsende Zahl rechtsextremer Personen» organisieren. Die Behörden lehnten das Gesuch jedoch ab. Ein Umstand, den die Initianten indes nicht einfach so hinnahmen. Umgehend reichten sie bei der Stadtpolizei Bern ein Bewilligungsgesuch für den Spaziergang ein – und erhielten die Erlaubnis. Dies, obschon Demos an Sonntagen in der Regel nicht gestattet sind. «Wir erteilten grünes Licht, weil die Demo den Abschluss für das Festival bildete», erklärte die Stadtpolizei.
Um Ordnung bemüht
Es war augenfällig, wie sehr sich die Organisatoren um einen friedlichen Ablauf bemühten. Immer wieder wiesen Antifa-Aktivisten die rund 1000 Demonstranten (die Polizei sprach von 750 Personen) an, in der Kolonne zu bleiben und nicht auszuscheren. Auch die geplante Route, die von der Reithalle via Bahnhofplatz, Spital- und Kramgasse, Münsterplatz und wieder zurück in die Reithalle führte, wurde peinlichst genau eingehalten. «Wir wollten uns an die Regeln halten, auch wenn wir eigentlich der Meinung sind, dass solche Demos keiner Bewilligung bedürfen», sagte ein vermummter Aktivist. Dabei dürfte gerade die erhaltene Bewilligung einer der Hauptgründe für den friedlich verlaufenen Spaziergang gewesen sein. So hielt sich die Polizei jederzeit diskret im Hintergrund. Ein ganz anderes Bild als bei früheren Veranstaltungen, wo sich gewisse Demonstrationsteilnehmer von Beamten in Kampfmonturen provoziert gefühlt hatten.
Parolen und Plakate
Der Spaziergang bot ein buntes Bild. Zwar bildeten junge Punks oder in schwarz gewandete Leute den Hauptharst des Umzugs. Aber je länger er dauerte, desto mehr «normale» Passanten reihten sich in die Kolonne ein. «Es ist schön, dass es so friedlich bleibt. Denn die Themen der Antifa sind ja eigentlich wichtig», sagte Demonstrantin Anja Müller aus Bern.
Beim Käfigturm und auf dem Münsterplatz verwiesen die Organisatoren per Megaphon auf ihre Anliegen. «Die Zahl der Rechtsextremen hat sich in letzter Zeit dramatisch erhöht. Deshalb ist es wichtig, immer und überall gegen rassistische Tendenzen zu kämpfen», lautete die Hauptaussage. Plakate wie «Mut und Solidarität statt Boden und Blut» oder Slogans à la «Freiheit ist überall, kein Mensch ist illegal» zeigten auch auf, dass sich viele Demonstranten noch immer im Klassenkampf befinden. Gut, dass dieser Kampf gestern der einzige blieb.
Adrian Lüpold
Punkmusik und Inhalte vermittelt
Das «Antifascist Festival» in Bern hat den Besuchern nebst lauter Punkmusik interessante Projekte geboten.
Am Samstag kurz nach Mittag sahen einige der Festivalbesucher schon angeschlagen aus. Die Ouvertüre am Freitag mit sechs Konzerten in der grossen Halle – mit mehr als 1000 Besuchern – und eine durchzechte Nacht im Zeltdorf im Hirschenpark hatten Spuren hinterlassen. Dutzende junge Menschen ruhten sich unter der Reithalle-Brücke oder auf dem Vorplatz aus, andere verpflegten sich oder diskutierten. Was auffiel: Viele Festivalbesucher kamen aus dem Ausland. Ganze Gruppen aus Frankreich, Italien oder Deutschland nisteten sich beim Parkplatz auf der Schützenmatte in Camions oder Bussen ein. «Wir sind einerseits wegen der Konzerte gekommen, andererseits suchen wir den Austausch mit Schweizer Antifaschisten», sagte Jean-Luc, ein Punk aus der Umgebung von Paris. Wenn es gegen Faschismus gehe, sei ihm kein Weg zu weit, erklärte er.
Inhalte vermitteln
Mit dem Festival bewiesen die Organisatoren der «Antifaschistischen Aktion», «dass wir in Zukunft vermehrt Inhalte vermitteln wollen». So arrangierten sie ein abwechslungsreiches Programm, das während dreier Tage diverse Aspekte zum Thema Antifaschismus beleuchtete und gemäss OK etwa 3000 Leute anzog. Nebst Filmen und Vorträgen begleitete die Ausstellung «Brennpunkt Faschismus» in der Galerie des Kornhausforums das Festival. Mit Hilfe von Plakaten wurde die Entwicklung des Faschismus in den Zwanziger- und Dreissigerjahren beleuchtet. Zusätzlich wiesen die Ausstellungsmacher auf aktuelle faschistische oder rassistische Tendenzen hin.