Neue Luzerner Zeitung vom 13.06.2009
Juso-Kundgebung an der Schlachtjahrzeit: Der Sempacher Stadtrat hat sie gestern bewilligt. Und er übt sich auch in Selbstkritik.
Luzia Mattmann
Die Luzerner Juso dürfen an der Sempacher Schlachtfeier vom Samstag, 27. Juni, eine Kundgebung durchführen. Dies hat der Stadtrat von Sempach gestern beschlossen. Im letzten Jahr nahmen gegen 250 Mitglieder der rechten Szene an der Schlachtfeier teil, Tendenz steigend. Die Juso rechnen offiziell mit rund 100 Kundgebungsteilnehmern, die gegen den Aufmarsch der Neonazis protestieren.
Lautsprecher aus
Die Juso-Kundgebung wurde nur unter Auflagen bewilligt. So ist sie örtlich und zeitlich begrenzt: Sie findet von 8 bis 11 Uhr auf dem Schulhausplatz vor dem Luzernertor statt. Ausserdem ist der Einsatz von Lautsprechern während der Rede des Stadtpräsidenten nicht erlaubt. Mit diesen Massnahmen soll verhindert werden, dass die Rechtsextremen, welche jeweils beim Umzug mitmarschieren, mit den Juso-Leuten zusammentreffen. Ansonsten hält man am bisherigen Konzept fest.
Der Stadtrat beklagt aber die «zunehmende Verpolitisierung» der Feier. Es sei unerwünscht, wenn politische Gruppierungen versuchten, die Sempacher Schlachtjahrzeit für ihre Zwecke zu missbrauchen. David Roth von den Juso Luzern: «Der Anlass ist nicht wegen uns politisiert. Er ist es, weil man die Rechtsextremen toleriert.»
Um am Umzug teilzunehmen, hätten die Juso keine Bewilligung gebraucht. «Wir wollen aber nicht Hand in Hand mit den Rechten den Berg hinauflaufen», erklärt Roth. «Ausserdem wäre es wohl ein Sicherheitsrisiko.» Man sei zufrieden, die Bewilligung des Stadtrats erhalten zu haben aber nicht wunschlos glücklich. Roth: «Das sind wir erst, wenn keine Neonazis mehr teilnehmen. Und wenn die Veranstalter deren Auftritte öffentlich verurteilen.»
Sempach als «Rütli-Opfer»
Der Sempacher Stadtpräsident Franz Schwegler sagt dazu: «Unsere Strategie war bis anhin, die Rechten im Umzug einfach zu ignorieren.» Ein paar Jahre habe das funktioniert, die Zahl der Rechtsextremen sei zurückgegangen bis zur Rütlifeier 2005, als Bundesrat Samuel Schmid von Rechten niedergeschrien und in der Folge der Zugang aufs Rütli streng kontrolliert wurde. «Sempach wurde ein Opfer des Rütli seitdem kommen nämlich wieder mehr Rechtsextreme zu uns.» Auf dieses Phänomen habe man wohl zu wenig reagiert, gesteht Schwegler ein. «Im Nachhinein muss man sagen: Schon letztes Jahr hätten wir klar auf den Tisch klopfen und sagen sollen, dass die extremen Pole nicht erwünscht sind.»
Die Konsequenz davon ist, dass der Anlass dieses Jahr politischer ist denn je und wahrscheinlich explosiver. Das Polizeiaufgebot werde dieses Jahr wohl erhöht, sagt Regierungsrat Max Pfister seitens des Kantons, der die Feier mitorganisiert. «Es werden zwei Gruppen anwesend sein, die sich bekämpfen möglicherweise nicht nur verbal. Darauf muss man reagieren.» Die Feier abzusagen, komme nicht in Frage. «Die Meinungsfreiheit ist eines der höchsten Güter in unserem Staat, das wir nicht extremen Polen opfern wollen.» David Roth pariert: «Der Extremismusvorwurf ist eine Beleidigung. Wir stehen zur Bundesverfassung. Rechtsextremismus hingegen ist der Inbegriff für Fremden- und Judenhass.»