Die Wochenzeitung.
Von Anna Jikhareva
«Jetzt ist Schluss!» stand in weissen Lettern auf dem roten Banner geschrieben, das eine Horde vermummter Neonazis durch Bern trug. Mehrere Dutzend Exponent:innen einschlägiger rechtsradikaler Gruppen wie der Hammerskins, Blood & Honour und der Jungen Tat führten den Antimassnahmenprotest in der Hauptstadt an. Direkt dahinter schwenkte die «Massvoll»-Bewegung ihre violetten Fahnen in der Menge.
Dass Rechtsextreme fester Bestandteil der Coronaproteste sind, ist keine Neuigkeit, hatten sie sich in den letzten Monaten doch regelmässig unter die Demonstrierenden
gemischt, Flyer verteilt und für ihre menschenverachtende Gesinnung geworben. Neu ist der Auftritt vom Samstag hingegen in seinem Ausmass: Neonazis an der Spitze eines Coronaprotestlaufs sind eine offene Machtdemonstration, wie es sie in der Schweiz schon lange nicht mehr gegeben hat. Entsprechend selbstbewusst verbreitete die Junge Tat im Anschluss an die Demo das Propagandavideo zur Aktion.
Das rote Banner ist Teil einer Ästhetik rechtsradikaler Gruppen, wie sie an den Coronaprotesten im deutschsprachigen Raum zuletzt häufig zu sehen war. Ende November etwa marschierten vermummte Neonazis aus dem Dunstkreis der Identitären Bewegung an der Spitze einer Antimassnahmendemo
in Wien. Wie am Samstag in Bern dominierten die Bilder ihrer Transparente die Berichterstattung.
Auch wenn sich viele Demonstrant:innen (und manche Medien) noch immer ahnungslos geben — wer es wissen wollte, muss inzwischen gemerkt haben, mit wem er oder sie da gemeinsam auf die Strasse geht. Dass die diffus zusammengesetzten Proteste ein fruchtbarer Boden für ihre Ideologie sind,
haben die Rechtsradikalen indes längst begriffen. Ihre Taktik ist dabei seit jeher die gleiche: durch
Falschinformationen Ängste zu schüren — und diese anschliessend für die eigene Agenda zu nutzen. Ob Corona oder Hetze gegen Geflüchtete: Das Thema ist austauschbar. Die Dynamik, die sich daraus ergibt, verheisst für die Zukunft nichts Gutes.
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