Aargauer Zeitung.
In der Öffentlichkeit tauchen immer wieder bekannte Nazisymbole auf. Trotzdem ist das nicht in jedem Fall strafbar. Ein neuer Vorstoss möchte das nun ändern. Der Bundesrat stellt sich dagegen.
In der Coronakrise haben Hass und Intoleranz auch in der Schweiz zugenommen. Eine Vielzahl von Verschwörungstheorien bringt die Pandemie auch mit antisemitischen Motiven in Verbindung. Doch wer nationalsozialistische Symbole in der Öffentlichkeit – etwa an Demonstrationen – zeigt, macht sich nicht automatisch strafbar. Der mutmassliche Täter muss auch die Absicht haben, Dritte zu beeinflussen und für die Ideologie zu gewinnen.
Der Aargauer Mitte-Nationalrätin Marianne Binder ist das ein Dorn im Auge. Mit einer Motion fordert sie eine gesetzliche Grundlage, welche die Verwendung von Kennzeichen des Nationalsozialismus unter Strafe stellt. In Zeiten aufkommenden Antisemitismus sei Handlungsbedarf gegeben. Öffentlich geäusserte Relativierungen des Holocaust müssten verboten werden, argumentiert die Politikerin.
Alles hängt von den Umständen ab
Kein Gehör für das Anliegen hat der Bundesrat. Er lehnt ein Verbot ab. Er sei weiterhin überzeugt, dass gegen die Verwendung von Nazisymbolen ohne Propagandazwecke «Prävention besser geeignet ist als strafrechtliche Repression», heisst es in seiner am Donnerstag publizierten Antwort auf die Motion.
Zwar sei das «Zur-Schau-Stellen» dieser Kennzeichen «schockierend» und «sehr belastend» – allen voran für die Opfer des Holocaust und ihre Nachkommen. Allerdings könne die öffentliche Verwendung rassistischer Symbole «die Menschenwürde und den öffentlichen Frieden nur mittelbar beeinträchtigen», sofern damit keine Propaganda bezweckt werde. Ob es sich im Einzelfall um Propaganda handelt, hänge von den konkreten Umständen ab.
Für den Bundesrat gilt die Meinungsäusserungsfreiheit zwar nicht absolut. Gemäss Rechtssprechung des Bundesgerichts sei es jedoch hinzunehmen, «dass auch stossende Ansichten vertreten werden, selbst wenn sie für die Mehrheit unhaltbar sind.»