Berner Zeitung vom 12.06.2009
Ist der Nazitreff auf dem Areal der Porzellanfabrik zonenkonform, fragt sich Anwohner Hans-Jürg Schmied. Von der Stadt habe er bis heute keine richtige Antwort erhalten. «Sie ist nicht willens, endlich Klartext zu reden.»
Gross ist der Ärger an der Blumenstrasse. Seit Monaten feiern die Rechtsextremen ihre Partys auf dem angrenzenden Areal der Porzellanfabrik. Laute Musik und Autolärm müssen die Anwohner erdulden. Eine Aussprache auf der Stadtverwaltung hat kürzlich stattgefunden, Massnahmen wurden angeordnet – damit soll alles besser werden. Hofft die Stadt. Anwohner Hans-Jürg Schmied kann da nur den Kopf schütteln. «Die Stadt ist nicht willens, endlich Klartext zu reden und die Probleme am Schopf zu packen», nervt er sich und legt, quasi als Beweis, einen dicken Ordner mit Dokumenten der Stadt auf den Tisch.
Nazitreff in falscher Zone?
Wissen möchte Hans-Jürg Schmied, ob ein Lokal wie der Nazitreff überhaupt zonenkonform sei. Im städtischen Zonenplan wird das Porzi-Areal als «Arbeitszone Aa» bezeichnet. Ein solches Gebiet ist, gemäss Baureglement, für Industrie, Gewerbe und Dienstleistungen vorgesehen. Die Rechtsextremen seien daher am falschen Platz, findet Schmied und stichelt: «Ich wüsste von keinem Nachbarn, der die Dienstleistung Nachtruhestörung verlangt hätte.»
Seit Jahren ein Thema
Das Porzi-Areal hat den Langenthaler schon im Frühling 2002 beschäftigt, als die Stadt Zonenplan und Baureglement revidierte. In seiner Eingabe zum Mitwirkungsverfahren hielt Hans-Jürg Schmied damals fest: Das Porzi-Areal mit seiner Vielzahl von Gebäuden biete zahlreichen Betrieben und Ateliers Platz. Auch Loft-Wohnungen seien möglich. Deshalb solle es in eine Zone für gemischte Nutzung umfunktioniert werden. Davon wollte die Stadt allerdings nichts wissen. Für die Umnutzung eines Industrieareals sei eine intensive Planung notwendig, und die Initiative dazu müsse grundsätzlich vom Grundeigentümer kommen, hiess es in der abschlägigen Antwort. Immerhin liessen die Behörden den Kritiker wissen: Der Gemeinderat sei «nicht abgeneigt, über neue Nutzungen zu diskutieren, die jederzeit im Rahmen einer Überbauungsordnung festgelegt werden können». Eine Überbauungsordnung ist bis heute aber nicht in Sicht – und das ärgert Hans-Jürg Schmied. Er wirft der Stadt vor, sie betreibe «eine Verzögerungstaktik» und sei nicht gewillt, die Bestimmungen des Baureglements auch wirklich durchzusetzen. Dem hält Stadtpräsident Thomas Rufener entgegen: In den Arbeitszonen von Langenthal gebe es verschiedenste Vereinslokale. «Müssten wir die alle verbieten, wäre das sehr problematisch.» Gemeinden bestimmen mit Wer mit der heutigen Nutzung nicht einverstanden ist, kann von der Stadt eine anfechtbare Auskunft über die Zonenkonformität verlangen und sich in zweiter Instanz an den Kanton wenden. Allzu gross dürften die Erfolgschancen allerdings nicht sein: «Es ist durchaus üblich, dass Vereinslokale und auch Restaurants in Arbeitszonen zugelassen werden», sagt Arthur Stierli, Vorsteher der Abteilung Orts- und Regionalplanung beim Kantons Bern. Grundsätzlich sei es an den Gemeinden selbst, zu definieren, was in einer Arbeitszone alles möglich sei. Dass in Langenthal solche Zonen gemäss Baureglement für Industrie, Gewerbe und Dienstleistungen vorgesehen sind, betrachtet Arthur Stierli nicht grundsätzlich als Hindernis: «Ein Vereinslokal kann auch als Dienstleistung eingestuft werden – das ist Ermessenssache der Gemeinde.»