Am Kaltbrunner Markt kam es vor einem Jahr zu einer wüsten Schlägerei. Laut Polizeiangaben prügelte sich «eine äusserst aggressive Meute», insgesamt gegen 20 Mann. Morgen stehen zwei mutmassliche Haupttäter vor dem Kreisgericht.
Von Sven Gartung
Wie gefährlich – und vor allem mit welch roher Gewalt – die beiden in die Schlägerei beteiligten Gruppen im vergangenen Jahr am Kaltbrunner Markt aufeinander losgingen, verdeutlicht die Anklageschrift gegen die beiden mutmasslichen Rädelsführer. Ein Polizist befürchtete bei der Massenprügelei: «Eine am Boden liegende Person hätte getötet werden können.»
Grosse Angst vor Repressalien
Wer letztendlich die erste Hand hob, wer wen verbal provoziert hat, liess sich nur schwer eruieren. Seitens der Zeugen «herrscht eine grosse Angst vor Repressalien», so die Polizei. Insgesamt wurden 13 Strafverfahren eingeleitet, neun Schläger sind der Polizei namentlich bekannt. Darunter auch die beiden Angeklagten Wolf S.* und Aleksandr D.*
Wolf S., Schweizer, wurde als «einer der aktivsten Schläger» ausgemacht. Er soll mehrfach auf eine am Boden liegende Person eingetreten haben. S. gesteht eine Beteiligung an den Auseinandersetzungen, streitet konkrete Körperverletzungen jedoch ab. Eine Zeugin belastet den 21-Jährigen indes.
Wegen «Raufhandel, mehrfacher versuchter schwerer Körperverletzung, qualifizierter sowie versuchter einfacher Körperverletzung, Rassendiskriminierung, Gewalt und Drohung gegen Beamte, Missachtung polizeilicher Weisungen sowie Landfriedensbruch» muss sich S. deshalb verantworten.
Hitlergruss und Heil-Hitler-Rufe
Die Staatsanwaltschaft fordert eine zweijährige Freiheitsstrafe (ausgesetzt auf vier Jahre auf Bewährung), eine Busse von 1500 Franken sowie eine Schadensersatz- und Genugtuungszahlung an ein Opfer. Wolf S. soll zudem am 23. Juni vergangenen Jahres im Volksgarten Glarus an einer Aktion mit rechtsextremer Gesinnung gegen Jusos teilgenommen haben. Auch in Kaltbrunn soll S. «mehrfach den Hitler-Gruss gezeigt» und «Heil Hitler» gerufen haben.
Wolf S. gab an, sich daran «nicht mehr erinnern» zu können. Für die Polizei ist hingegen klar, dass die Rassendiskriminierung gegen die andere an der Schlägerei beteiligte Gruppe, Männer mit Migrationshintergund, gerichtet war.
Ihr zugeordnet wurde Aleksandr D. Der 25-Jährige gab im Verhör an, er habe seinerzeit bei der Auseinandersetzung «nur schlichten» wollen. D. bestreitet kategorisch alle Tatvorwürfe. Er sei geschlagen worden, wurde bewusstlos und sei erst im Rettungswagen wieder aufgewacht. Für D. spricht offensichtlich auch, dass er von keinem unbeteiligten Zeugen als aktiver Schläger identifiziert wurde.
Massive, schwere Verletzungen
Die Polizisten vor Ort gewannen jedoch einen anderen Eindruck. Wegen «mehrfacher versuchter schwerer Körperverletzung, qualifizierter einfacher Körperverletzung sowie Raufhandel soll er zur Rechenschaft gezogen werden. «13 Monate Freiheitsentzug, ausgesetzt gegen eine dreijährige Probezeit, 1000 Franken Busse sowie eine Schadenersatzzahlung und die Übernahme der Verfahrenskosten» lautet die Forderung der Staatsanwaltschaft.
Beim Versuch, den Mob aufzulösen, wurde auch ein Kantonspolizist verletzt: Er erlitt einen Strecksehnenausriss im Mittelfinger. Auf Seiten der Schläger, die sich in Spitalpflege begeben mussten, war es zu Rissquetschwunden im Augenbereich, Nasenbeinbrüchen, Hämatomen am ganzen Körper, herausgeschlagenen Zähnen und einer dreifachen Fraktur des Jochbeins gekommen.
Weitaus Schlimmeres befürchteten die Polizisten vor Ort. «Ich dachte, er sei tot», glaubte etwa der in der Anklageschrift zitierte Beamte, als er eine weitere Person regungslos am Boden liegen sah.