Tachles, Hans Stutz.
Auch in diesen Tagen: Die SVP distanziert sich von rechtsextremen Parteiexponenten erst, wenn bürgerliche Medien den Sachverhalt skandalisieren.
Die SVP kann sich noch immer auf die Nachsicht von Medienschaffenden verlassen. Auch wenn seit Jahrzehnten rassistische und rechtsextremistische Flecken auf der Weste der Rechtsaussenpartei aufglänzen. Auch in diesen Tagen. Die SVP sei, so vergangene Woche die «NZZ», «eigentlich keine rechtspopulistische Partei», auch wenn sie rechtspopulistische Sprache benutze.
Fakt ist: Die SVP ist nach rechts offen und reagiert erst, wenn die öffentliche Widerrede zu laut ist. Vorerst nichts befürchten muss der Zürcher JSVP-ler Olivier Chanson. Er beharrt darauf, der «Bevölkerungsaustausch» müsse thematisiert werden. Eine rechtsextremen Vorstellung, wonach es die Absicht gebe, die einheimische europäische Bevölkerung durch aussereuropäische Einwanderung zu ersetzen. Er ist damit in der Partei nicht allein, der Begriff hat es bereits mehrmals in die «Schweizerzeit» geschafft, gegründet und jahrzehntelang dominiert vom abgewählten SVP-Nationalrat Ulrich Schlüer.
Die Sache laufen liess zuerst auch die Tessiner SVP. In der der Tessiner Gemeinde Capriasca (rund 6000 Einwohner) kandidiert die 29-jährige Liliane Jessica Tami auf der SVP-Liste sowohl für die Regierung wie für das Parlament. Die Ortspartei schlägt sie vor, obwohl die Verantwortlichen wissen, dass ihre Kandidatin vor knapp fünf Jahren in Mailand an einer Gedenkkundgebung für die Waffen-SS teilgenommen und dort auch den Hitlergruss gezeigt hatte. Sie akzeptieren die Beteuerung, diese Aktion gehöre der Vergangenheit an. Ein kurzer Blick auf das aktuelle Facebook-Konto Tamis widerlegt diese Ausrede. Die SVP-Kandidatin lässt keine Zweifel aufkommen an ihren Sympathien für den italienischen Faschismus wie auch für den deutschen Nationalsozialismus. In einem Eintrag behauptet sie beispielsweise, die Zerstörung deutscher «Kultur und Rasse» habe im Mai 1945 begonnen.
Anfang Februar berichtet ein kleines Tessiner Online-Portal über die «Nazisympathisantin». Das kümmert die SVP-Exponenten nicht. Erst als Anfang März die bürgerliche Tageszeitung «Corriere dei Ticino» die Geschichte aufgreift, interveniert die kantonale SVP-Parteileitung und verlangt: «Diese Kandidatin kann und darf die SVP nicht in Institutionen vertreten». Nach dieser späten Distanzierung verlässt die Kandidatin die Partei, da «deren Führung» sie nicht unterstütze. Kandidatin aber bleibt sie, da ein Rückzug nicht mehr möglich ist.