Der Bund vom 16.09.2010
Mit dem Anti-Minarett-Spiel aus der Schweiz wurde die FPÖ in der Steiermark bekannt. Jetzt kommt Protest aus den eigenen Reihen.
Bernhard Odehnal, Wien
Für Alexander Segert liegt der Wahlerfolg «auf der Strasse: Sie müssen ihn nur aufheben.» So motivierte der SVP-Werber unlängst Mitglieder der Freiheitlichen Partei Österreichs, für die er den Wahlkampf im Bundesland Steiermark gestaltet. Die Umfragen geben ihm recht. Zwei Wochen vor den Landeswahlen ist so gut wie sicher, dass die FPÖ zulegen wird. Besonders schwierig ist das allerdings nicht: Bei den letzten Wahlen kamen die Rechtspopulisten auf knapp fünf Prozent, dieses Mal, sagt Spitzenkandidat und Parlamentsabgeordneter Gerhard Kurzmann, «sollen es über zehn Prozent werden». Doch die Kollateralschäden für die FPÖ sind beträchtlich.
Die steirischen Freiheitlichen stehen selbst in der rechtspopulistischen FPÖ ganz rechts aussen. Viele Funktionäre kommen aus nationalen Burschenschaften, Kurzmann ist Mitglied der «Kameradschaft IV», die von ehemaligen Mitgliedern der Waffen-SS gegründet wurde. Den Wahlkampf begann die FPÖ mit einer gezielten Provokation, indem sie das von Segerts Agentur «Goal» entwickelte Anti-Minarett-Computerspiel auf eine eigene Homepage stellte. Nach einigen Tagen schritt die Staatsanwaltschaft ein und verbot das Spiel. Gegen Kurzmann und die Entwickler des Minarett-Spiels wird in Österreich wegen Verhetzung ermittelt. Das Parlament wird wahrscheinlich kommende Woche die Aufhebung von Kurzmanns Immunität beschliessen. Kurz nach dem Verbot tauchte das Minarett-Spiel auf der Homepage österreichischer Neonazis auf. Der Server dieser Seite steht zwar in den USA und ist für die Justiz nicht erreichbar, aber auch die Rechtsextremen nahmen das Spiel wieder vom Netz. Ihre Begründung: Die Zugriffe verursachten zu hohe Kosten, «unser Teil der Mission ist erfüllt».
Auch die FPÖ Steiermark sieht den Zweck des Computerspiels erfüllt: Er merke, dass seine Bekanntheit sprunghaft gestiegen sei, «seitdem wir das Minarettspiel ins Netz gestellt haben», sagte Gerhard Kurzmann in einem Radiointerview: «Die Leute kommen auf mich zu, gratulieren mir zum Spiel.» Doch nicht einmal in den Reihen der FPÖ ist die Begeisterung einhellig: Vergangene Woche traten drei Bürgermeister obersteirischer Gemeinden aus der FPÖ aus, weil sie den aggressiven, anti-islamischen Wahlkampf von Kurzmann und Segert nicht mehr mittragen wollten. Die Hetze gehe zu weit, die Partei wolle nur mehr Hass in der Bevölkerung aufbauen, erklärten sie: Noch nie habe es eine so brutale Parteispitze gegeben.
Vergangenes Wochenende explodierte vor einem Asylbewerberheim in der steirischen Hauptstadt Graz ein Sprengsatz. Ein Mann wurde dabei verletzt, die Wirkung hätte aber auch tödlich sein können, so die Polizei. Die Grünen machen indirekt die FPÖ für den Anschlag verantwortlich: Ihre Kampagne und das Internetspiel würden den Hass schüren.