Bigler Schlägerei ungeklärt

Berner Zeitung vom 10.4.2010

Wer schlug in Biglen vor bald einem Jahr zu? Das Kreisgericht in Schlosswil hat zwei Angeschuldigte erfolglos befragt.

Laura Fehlmann

Mai 2009: Linksextreme rufen im Internet zu einer «Kick out Pnos»-Party in Biglen auf. Am Bahnhof werden sie von Rechtsextremen erwartet. Die Umstände, unter denen ein 16-jähriger Linker damals mit einem Baseballschläger spitalreif geprügelt worden war, konnten gestern vor dem Kreisgericht Schlosswil nicht geklärt werden. Die beiden Angeschuldigten, ein 21- und ein 23-Jähriger, wollen wenig bis nichts mitgekriegt haben und verwickelten sich in Widersprüche.

Gerichtspräsident Marco Ferrari liess die jungen Männer die Ereignisse aus ihrer Sicht schildern. Der 21-Jährige ist bereits vorbestraft wegen Fahrens trotz entzogenem Führerausweis und in angetrunkenem Zustand. Der Mann in der rot-schwarz karierten Kapuzenjacke gab sich wortkarg. Seine Beschreibung des Maiabends war kurz und so leise, dass auch Ferrari mehrmals nachfragen musste. Er habe auf linksextremen Websites von der geplanten «Kick out Pnos»-Party erfahren. Weil er sich über die im Vorfeld verübten linken Sprayereien und Vandalenakte geärgert habe, habe er mit den Linken reden wollen. Wie genau dieses «Reden» vor sich ging und ob der 21-Jährige allein oder mit dem Mitangeschuldigten einem flüchtenden Linken nachjagte, ist noch nicht geklärt. Der Jüngere sagte aus, er sei dem Mann nur gefolgt – nicht nachgerannt –, um zu sehen, wo das Fest stattfinde. Er sei allein gewesen, habe sich mit niemandem verabredet und die Linken einzig verbal aufgefordert, «endlich mit dem Sprayen und den Vandalenakten aufzuhören».

«Der Nazi von Biglen»

Der Gerichtspräsident konfrontiert ihn mit einer SMS, die die Angeschuldigten und andere Beteiligte damals erhalten hatten: «Der Nazi von Biglen lädt zum antifaschistischen Bräteln. Für Speis und Trank sowie späte (linke) Abendunterhaltung ist gesorgt.» Der Angeschuldigte meinte, das sei nicht so ernst zu nehmen. Und einen Baseballschläger habe er nur zur Verteidigung mitgenommen. «Wir erwarteten 40 bis 50 Linke.» Den Baseballschläger hatte er weggeworfen, als ihn die Polizei festgenommen hatte. «Mir ist bewusst, dass man keinen Baseballschläger mit sich führen darf.» Es sei beim Bahnhof zu einem Handgemenge mit einem Linken gekommen, aber in eine Schlägerei sei er nicht verwickelt gewesen, behauptete der Angeschuldigte. Konfrontiert mit Aussagen von Zeugen, die ihn erkannt und gesehen haben wollen, dass er Bierflaschen geworfen hatte, konterte er: «Ich nehme solche Zeugenaussagen nicht ernst.»

Gedächtnislücken

Der 23-Jährige, auch er vorbestraft wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand, gab sich ebenfalls wortkarg. Er zog seine schwarze Kapuzenjacke aus, bevor er sich den Fragen des Gerichtspräsidenten stellte. Ja, auch er habe die Nazi-SMS erhalten. Am Bahnhof habe er Linksextreme gesehen, mit denen es zu Diskussionen gekommen sei. Aber mehr könne er nicht sagen, da setze sein Gedächtnis aus. Auf einem Feld habe es im Dunkeln ein Handgemenge gegeben. «Plötzlich kam aber die Polizei, und ich lag am Boden.»

Warum er den Linken verfolgt habe, wisse er nicht mehr. «Ich würde es heute nicht mehr tun», sagte der 23-Jährige. Zu den Zeugenaussagen in den Akten meinte er nur, es sei ja «normal», dass die Gegenseite so und nicht anders aussage. «Die wollen ja, dass wir verurteilt werden.»

Gerichtspräsident Marco Ferrari wird im Mai nun noch Zeugen und den Geschädigten vernehmen, bevor er das Urteil fällt. Er machte die Beschuldigten darauf aufmerksam, dass auch sie Zeugen aufbieten können.