Betrügt der Pegida Schweiz-Posterboy Ignaz Bearth im Facebook-Schwanzvergleich?

Vice. Der Pegida Schweiz-Redner hat seine 30.600 Facebook-Likes grossmehrheitlich nicht aus der Schweiz. Immerhin stammen alle aus nicht-muslimischen Ländern.

Wären Facebook-Fans Wähler, wäre Ignaz Bearth bald Nationalrat. Über 30.600 Likes darf der Social Media-Star der Schweizer Politik auf seiner Wohlfühl-Page für Rechtsradikale verbuchen — mehr als jeder andere Schweizer Politiker, wie auf der Plattform Politnetz.ch einsehbar ist.

Der sozial-mediale Schwanzvergleich bedeutet Bearth viel: Vergangene Woche freute er sich, die deutsche Grünen-Politikerin Claudia Roth im Facebook-Duell geschlagen zu haben. Ich habe mich gefragt, woher ein Typ, der vor allem unscharfe Bilder von Pegida-Demos teilt, tausende Anhänger bekommt.

Mit dem Facebook Like Check-Tool von SternTV habe ich rausgefunden, dass Bearths Anhänger grossmehrheitlich nicht aus der Schweiz oder dem deutschsprachigen Ausland kommen: 43 Prozent der Bearth-Liker kommen aus Indien, 14 Prozent aus Serbien, dann kommt Österreich, Deutschland und … Oh: Argentinien. Immerhin 3.8 Prozent seiner Likes kommen aus der Schweiz. Das sind noch um die 1160 Likes. Damit gewinnt man keine Wahlen, aber beliebter als seine Partei, die Direktdemokratische Partei Schweiz, mit ihren 563 Likes ist er allemal.

Vor der Gründung der DPS hatte Ignaz Bearth seine politische Heimat schon in anderen Parteien, die Kämpfer für einen „modernen Nationalismus“ und ein „Europa der Vaterländer“ aufnehmen, gesucht. Die PNOS (Partei national orientierter Schweizer) liess er hinter sich und aus der SVP trat er nach einer „Verschwörung“ gegen ihn aus. Für Bearth gab es nur eine Lösung: Eine eigene Partei musste her. Seit 2012 möchte er als Präsident der Direktdemokratischen Partei Schweiz DPS für all die Menschen einstehen, „die zur Schweiz stehen und sich ohne Wenn und Aber für unsere Heimat einsetzen“.

Eines von Bearths Zielen: Mit der DPS der SVP die Hardliner unter den Wählern abzugraben. Diesem scheint er in der vergangenen Woche einen Schritt näher gekommen zu sein: Am Wochenende kündigte Pegida Schweiz an, dass Bearth an der ersten Demo der Islamophoben als Redner auftreten wird, als einziger Redner aus der Schweiz. Rassistisch werde das Ganze selbstverständlich nicht. Schliesslich will Pegida nur, „dass wir in der Schweiz weiterhin nach christlichen Werten leben dürfen“.

Ob die Redner, die mit Bearth das Mikrofon teilen werden, das angekündigte nicht-rassistische Gedankengut teilen, ist fraglich. Hält doch die deutsche AfD-Mitgründerin Tatjana Festerling 5000 Hooligans und andere Verwirrte, die in Köln „Frei! Sozial! National!“ skandieren für überhaupt nicht schlimm und laut der Österreichischen FPÖ-Politikerin Susanne Helfenbein ist es das „einzig Richtige“, wenn ein Politiker Asylbewerber als „Erd- und Höhlenmenschen“ beschimpft.

Doch rassistisch hin oder her: Feiern werden die Fusssoldaten der Islamophobie Bearth und die anderen Redner auf jeden Fall. Und mit ihnen voraussichtlich auch SVP-Nationalrat Walter Wobmann und der Präsident der Jungen SVP, Anian Liebrand: Beide freuen sich schon über den romantischen Abendspaziergang von ihresgleichen.

Die SVP-Schergen dürften sich dabei von der Pegida-Unterstützung dasselbe erhoffen wie Bearth: Mediale Aufmerksamkeit und ein paar Stimmen mehr bei den Nationalratswahlen dieses Jahr. Bearths DPS hat diese öffentliche Präsenz auch bitternötig. Um auf sein liebstes Mittel zur Messung politischer Relevanz zurückzukommen: Die 560 Facebook-Likes der DPS kommen nicht wirklich an die 9700 Likes der SVP ran.

Der Facebook-Ruhm von Ignaz Bearth mag Augenwischerei sein—ausser er hat tausende Freunde in Indien und Serbien. Immerhin in einem ist Bearth konsequent: Seine Likes stammen alle aus nicht-muslimischen Ländern.