Berns Autonome – von AJZ bis Antifa

Der Bund

Der Schwarze Block, ein bunter Haufen – von pubertierenden Polit-Punks bis zu erwachsenen Strategen revolutionären AufruhrsBerns autonome Szene ist im Zuge der Jugendunruhen 1980-1982 aus übriggebliebenen 68er-«Spontis» und der «Bewegung der Unzufriedenen» rund ums «Autonome Jugendzentrum» (AJZ) entstanden.

? RUDOLF GAFNER

Berns autonome Szene ist im Zuge der Jugendunruhen 1980 1982 aus übriggebliebenen 68er-«Spontis» und der «Bewegung der Unzufriedenen» rund ums «Autonome Jugendzentrum» (AJZ) entstanden. In den Zaffaraya-Unruhen 1987 erfuhr sie eine erste, Mitte der 90er-Jahre eine zweite Verjüngung. Heute sind nur noch vereinzelte «80er» dabei, diese aber teils mit nicht geringem Einfluss auf Nachwuchs, der sich aus der zweiten, gar schon der dritten Generation rekrutiert. Diese Szene wegen ihres recht martialisch wirkenden schwarzledernen Auftretens an Demonstrationen häufig «Schwarzer Block» genannt (ursprünglich nannte sich nur der Zürcher Block so) ist in Tat und Wahrheit ein buntes, vielfältiges, loses, nur schwer fassbares Gebilde aus festen Gruppen, wenig bis gar nicht organisierten Einzelnen bis zu Mitläufern «Autonomen» eben, die sich punktuell, oft nur spontan, in «Zusammenhängen» finden, mithin geschlossen als «Revolutionärer Block» auftreten, aber keine Einheit darstellen.

Antifa für «soziale Revolution»

Ein solcher Zusammenhang ist das «Bündnis Alle gegen Rechts», das den Antifaschistischen Abendspaziergang organisiert und nicht ausschliesslich, aber massgeblich von Autonomen dominiert wird. So vor allem von der «Antifaschistischen Aktion» (Antifa), die «Antifaschismus», aber auch «Kampf dem Kapital» und «soziale Revolution» propagiert und sich in einer Tradition linksradikal-autonomer «Widerstandskultur» begreift. Die seit etwa 1994 bestehende Antifa Bern Insider loben, sie sei die über die rechtsradikale Szene am besten informierte Schweizer Antifa zählt einen inneren Kern von gut 15 und einen weiteren Kreis von gegen 40 Leuten. Auch gibts die «Feministische Antifa» (FAntifa), sie ist vorab «gegen Sexismus» engagiert. Das Label «Antifa» ist darüber hinaus aber auch geläufig als eine Chiffre für eine ganze Subkultur diverser so genannt linker Jugend- szenen in Bern («Planet Antifa»). Heute weit mehr noch als früher ist nämlich längst nicht alles gar so politisch wie es daherkommt so identifizieren sich «linke» und «rechte» Jugendszenen manchmal sogar schlicht über ihre Schuhbändel (weiss = «Nazi»; rot = «Antifa»). Mitnichten dumpfes Chaotentum, sondern organisierte Strukturen mit Aktivisten, Strategien und Konzeptionen dagegen finden sich bei gewissen anarcho-autonomen Gruppen, die inBern Antifa-Mobilisationen mittragen. Zu nennen ist hier die lokale Gruppe der anarcho-syndikalistischen «Freien Arbeiter-Innen-Union» (FAU), die als «Gewerkschaftsinitiative» firmiert und auch in Anti-WEF- und Anti-WTO-Aktivitäten mitmischt. Ihre Jugendgruppe, die «Revolutionäre Jugend Bern» (RJ), die eine Zeitung verlegt («Err-Jott») und an Berner Schulen «ein gewerkschaftsähnliches Netz aufbauen» will, ist vor allem durch die Sans-Papiers-Bewegung bekannt; 2001 war die RJ die massgebliche Kraft hinter einem Schülerstreik, der in Bern 300 Teenager auf die Strasse brachte. FAU und RJ sind Mitglieder der «Libertären Koordination», einer Drehscheibe anarchistischer und libertär-sozialistischer Kräfte in Bern,Biel und Thun, die ihrerseits eine Zeitung herausgibt («Rebellion»).

«Vom Protest zum Widerstand!»

Zu nennen ist sodann die lokale Gruppe des «Revolutionären Aufbaus», neokommunistische Ultras mit Schwerpunktbasis Zürich und ebenfalls eigenem Zeitungsorgan, dem «aufbau». Der «Revolutionäre Aufbau Bern», der zudem an Stadtfassaden Wandzeitungen klebt, fiel jüngst in Antiglobalisierungsaktivitäten auf («WEF, wir kommen!»). Gleichfalls mit viel Plakaten und Klebern fällt eine weitere, fast nur im Antifa-Kontext bekannte Gruppe auf, die wiederum mehr an Chaos denn Politik gemahnt: Die pubertierenden Polit-Punks von der «Autonomen Randgruppierung» (ARG) mit hohem Anspruch zwar («Vom Protest zum Widerstand!»), aber nicht mehr als platte Phraseologie liefernd. So wie jetzt, nach der WEF-Randale, da die ARGihr Volk für den Antifa-Abendspaziergang scharf zu machen versucht: «Police Terror Fight Kurt Wasserfallen!» Hinzuzufügen ist, dass es in der Szene diverse Querverbindungen gibt, so namentlich auch zur «Gassenküche der SchülerInnenkoordination Bern» (SIKB), die immer sonntags beim Bahnhof mit Essen und Tee die Drogenszene bewirtet.