TagesWoche Online: Grossrat Eric Weber als Geburtshelfer für die erste Pegida-Demo in Basel: Die von ihm beantragte Kundgebung soll am 3. Februar auf dem Marktplatz stattfinden. Im Gegensatz zu seinem letztjährigen Anlauf wurde das Gesuch diesmal bewilligt. Zu Recht, sagt Extremismus-Experte Samuel Althof.
In den Social Media wird bereits eifrig geweibelt. Martialische Worte sind etwa auf Facebook zu lesen: «Die Demo ist für jeden Patrioten Pflicht – den Kampf gewinnen wir nicht im Internet, sondern an der Front.» Damit wird für die Pegida-Demo mobilisiert, die nächsten Monat erstmals bewilligt in Basel stattfinden soll. Auch die Gegner der umstrittenen rechtspopulistischen Bewegung «Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes» schlafen nicht: Einige Kommentatoren rufen bereits zu Gegendemos auf, was gehässige Debatten zwischen beiden Gruppen nach sich zieht.
Für die Basler Pegida-Premiere soll das Herz der Stadt für Parolen gegen Flüchtlinge und Muslime in Beschlag genommen werden: Die Kundgebung ist für den 3. Februar um 17 Uhr auf dem Marktplatz vorgesehen. Das Gesuch dafür wurde bewilligt, bestätigt Andreas Knuchel, Mediensprecher des Justiz- und Sicherheitsdepartements.
Bereits letztes Jahr hatte der Grossrat Eric Weber ein Gesuch für eine solche Demo eingereicht. Die Kundgebung erhielt damals aber keine Bewilligung. In den letzten paar Wochen wurden hingegen unter dem Titel «Pegida Dreiländereck» solche Veranstaltungen in Weil am Rhein und Kandern durchgeführt – allerdings in Begleitung von wesentlich grösseren Gegendemos.
Demo-Gesuchsteller sollen «Anforderungen erfüllt» haben
Dieses Jahr fiel die Entscheidung der Behörden anders aus: «Der Gesuchsteller konnte dafür Gewähr leisten, dass er die Anforderungen, welche die Kantonspolizei an ihn stellt, erfüllt», sagt Andreas Knuchel. Dazu gehörten etwa die Ansprechbarkeit während der Veranstaltung und Organisationsbelange.
Vorfälle im Umfeld von Pegida-Aktionen in Deutschland wie auch die jüngsten Ereignisse in Köln werden bei den Sicherheitsvorkehrungen zur Kenntnis genommen: «Wir berücksichtigen wie immer alle vorliegenden Informationen und Erkenntnisse in der Planung», sagt Knuchel. «Wie wir den Einsatz konkret planen, kommunizieren wir aber aus polizeitaktischen Gründen wie gewohnt nicht.» Via Twitter unterstrichen die Basler Behörden heute nochmals ihren Entschluss, der Demo grünes Licht zu geben:
@tilmorrow Versammlungs- und Meinungsäusserungsfreiheit: Bewilligung erteilt. Polizei beobachtet. Zurzeit kein Grund für Rückgängigmachung.
— Kanton Basel-Stadt (@BaselStadt) 12. Januar 2016
Eric Weber bittet Pegida um Hilfe
Auf der Facebook-Seite der Veranstaltung prangt das Konterfei des umtriebigen Basler Rechtsaussen-Grossrats Eric Weber. Er wird als Redner bei der Demo angekündigt. Wie so oft bei diesen Veranstaltungen wird auch Tobias Steiger – Pegida-Vorstandsmitglied und ehemaliger Präsident der SVP Dornach – vor dem Rathaus auftreten. Ebenfalls mit von der Partie ist der Präsident der Pegida-Schweiz, Mike Spielmann, der letztes Jahr mit einer Mini-Demo in orangenen Overalls beim Claraplatz viral ging.
Eric Weber war für eine Stellungnahme zu seiner Rolle bei diesem Vorhaben nicht zu erreichen. Wie aber Tobias Steiger bestätigt, hat erneut Weber das Gesuch für die Demo eingereicht. Dass Pegida zusammen mit dem stadtbekannten Politiker auftritt, ist ein Novum. «Er hat uns nach Erhalt der Bewilligung um Hilfe gebeten, die Demo durchzuführen», sagt Steiger. «Wir haben zwar auch Gesuche eingereicht, doch seines wurde zuerst bewilligt.»
Ansonsten pflege Pegida aber wenig Kontakt zu Weber. «Vielleicht sind seine Ansichten nicht zu 100 Prozent deckungsgleich mit den unsrigen, doch grundsätzlich sind Leute, die sich fürs Land und unsere Kultur einsetzen, willkommen», sagt Steiger. Gemeinsame Nenner gibt es bei den auftretenden Personen durchaus: «Bei den Reden wird der Schwerpunkt bei den Themen Asylflut, Überfremdung und Islamisierung liegen», sagt Tobias Steiger.
Extremismus-Kenner: Demo-Verbot wäre keine Lösung
In den Augen von Samuel Althof, psychologischer Berater und Extremismus-Experte, geht die Pegida-Bewegung klar in Richtung rechtsextrem. Gleichzeitig relativiert er aber die politische Ausstrahlung der bevorstehenden Demo: «Eric Weber konnte nie wirklich viele Leute mobilisieren – er macht einfach Polit-Krach», sagt Althof. Auch das politische Vertrauen in die Pegida-Exponenten schätzt er als gering ein.
In diesem Licht vermutet er auch das Umschwenken der Behörden bei der Bewilligung: «Ich nehme an, dass auch sie davon ausgehen, dass es sich nicht um eine grosse Geschichte handelt – wie kürzlich in Weil am Rhein», sagt Althof. Zudem hält er fest, dass ein Verbot solcher Veranstaltungen nicht immer eine Lösung ist: «Der Staat und die Gesellschaft müssen sich mit solchen Leuten auseinandersetzen.»
«Der Staat und die Gesellschaft müssen sich mit solchen Leuten auseinandersetzen.»
Samuel Althof, Extremismus-Experte
Als besonders problematisch schätzt Althof DPS-Präsident und Pegida-Aushängeschild Ignaz Bearth ein – wobei nicht bestätigt ist, ob dieser auch an der bevorstehenden Demo in Basel auftreten wird. Er bezeichnet ihn als eine Art «Polit-Touristen», der mit «Polter-Reden» durch diese Szene ziehe.
Nebst dessen Vergangenheit bei der völkisch-nationalistischen Pnos weist er auf Bearths Vernetzung hin – etwa mit der rechtsextremen ungarischen Jobbik-Partei. «Er versucht, rechtsextreme Strukturen aufzubauen und diese in seine nationale Politik einzubauen», hält Althof fest. Andere Figuren der Pegida Schweiz wie etwa Tobias Steiger und Mike Spielmann sieht er eher als Nachahmer.
Wenn sich Rechte als Antifaschisten geben
Auffällig ist bei der Social-Media-Präsenz von Pegida, dass deren Aktivisten und Sympathisanten die Gewaltbereitschaft ausschliesslich bei den Gegendemonstranten sehen, sich selbst aber als friedlich, als Opfer linker Gewalt und Beschützer des Landes betrachten. In diese Richtung argumentiert etwa Mike Spielmann in einem Kommentar auf der Facebook-Seite der geplanten Basler Pegida-Demo an die Adresse der Gegner: «Wir sind keine Rassisten. Wir sprechen Fakten an. […] Ihr seid nämlich die Nazis von heute… nennt euch Anti-Faschos, aber seid selber die Terroristen dieses Landes.»
Samuel Althof kennt diese Diskursstrategie: «Bei den Rechtsextremen in der Schweiz ist die Gewalt bis heute und im Gegensatz zu Linksextremen nur punktuell vorhanden.» Jedoch könnten sich manche Leute durch die aggressive verbale Entwertung von Migranten durch die Pegida in der Anwendung von Gewalt bestärkt fühlen – wie kürzlich in Köln geschehen. Auffallend ist auch, dass Pegida-Vertreter sich oft – zumindest nach aussen – von faschistischen und nationalsozialistischen Inhalten scheinbar abgrenzen, beobachtet Althof: «Das ist eine Art Schutzbehauptung und eine Vernebelung der rechtsextremen Positionen.»