BURGDORF / In der Nacht nach der Burgdorfer Solätte ist es allen Massnahmen zum Trotz erneut zu Ausschreitungen gekommen. Rechte und linke Gruppierungen sind gewalttätig geworden. «So nicht mehr», sagt Stadtpräsident Haldimann und will über die Bücher gehen.
° CHRISTINE BRAND
«Auch in Burgdorf sind Nazis keine Seltenheit mehr. Es entwickelt sich sogar immer mehr zu einem Treffpunkt (Metzgerechäuer, Änteteich) der rechtsextremen Szene . . .» Das Flugblatt, gezeichnet von der linken Gruppierung Antifa Burgdorf, wurde am Montag auf der Schützenmatte verteilt, auf der die jüngeren Schülerinnen gerade ihre einstudierten Reigen vortanzten. Die Burgdorfer feierten eine Solätte, wie sie im Bilderbuch stehen könnte. «Es war ein sehr schönes Fest», sagt auch Rosmarie Kieliger, Chefin der Burgdorfer Stadtpolizei. «Die Solätte verlief ruhig und schön.»
Schon etwas feuchtfröhlicher ging es am Abend in den mit Menschen voll gestopften Altstadtgassen zu und her. Und weniger schön wurde es schliesslich in den Stunden spät nachts. «Es ist zu Ausschreitungen zwischen linken und rechten Gruppierungen gekommen», erzählt Rosmarie Kieliger. Es habe sich dabei um ganz kleine Gruppen oder gar Einzelpersonen gehandelt. Eine Person konnte angehalten werden. Was sich genau ereignet hat, kann Kieliger noch nicht sagen. Offenbar kam es zu gewalttätigen Zusammenstössen, bei denen auch Waffen gebraucht wurden.
Aufruf der Skinheads?
Die Gerüchte haben angeblich schon vor der Solätte die Runde gemacht: Die Skinheads kämen, die Neonazis kämen, auch linke Gruppen mit über 100 Personen wollten das Fest stören, wurde hie und da erzählt. Gerüchte, die laut Stadtpräsident Franz Haldimann so neu nicht sind. Schon im letzten Jahr habe es solche Angaben gegeben. Gekommen sind während der Solätte allerdings keine Skins oder Nazis, und die meisten Festbesucher haben von den Zusammenstössen spät nachts gar nichts mitbekommen. Zwar stand die gesamte Stadtpolizei im Einsatz. «Doch wenn die Polizisten auftauchten, wars jeweils schon vorbei», sagt Rosmarie Kieliger. Die Frage, ob das Polizeiaufgebot zu klein war, verneint sie strikt. «Ein riesiges Polizeiaufgebot kann unter Umständen völlig wirkungslos sein.» Wirkungen hätten in diesem Jahr eigentlich andere Massnahmen erzielen sollen: Eine Projektgruppe hat – um die Oberstufenschüler vom Alkoholkonsum abzuhalten und Ausschreitungen zu verhindern – erstmals ein Rahmenprogramm mit Kino, Fotoatelier und Konzert auf der Gebrüder-Schnell-Terrasse organisiert. Allerdings ohne Erfolg. Kieliger: «Die Massnahmen haben eher das Gegenteil bewirkt.» Die Konzerte auf der Terrasse hätten erst recht zahlreiche Auswärtige angezogen. Die Polizei vermutet, dass es denn auch vorwiegend unter Auswärtigen zu Zusammenstössen gekommen ist. Genaues lässt sich aber nicht sagen. In einem Punkt sind sich Franz Haldimann und Rosmarie Kieliger einig: «So nicht mehr», stimmen sie überein, jetzt müsse der Gemeinderat gemeinsam mit der Polizei über die Bücher gehen.
Lösung gesucht
Wie aber künftig derartige Zwischenfälle nach der Solätte verhindert werden können und was anders organisiert werden müsste, darüber herrscht Ratlosigkeit. «Vielleicht müsste man das ganze Rahmenprogramm nach der Solätte verbieten», überlegt Kieliger laut. Oder man dürfte keine Musik via Lautsprecher mehr zulassen. Vielleicht sollte das Fest nach der Solätte aber auch eine letzte Chance erhalten. Die Polizei werde sich mit dem Gemeinderat zusammensetzen, um nach Lösungen zu suchen. Was bleibt, ist eine gewisse Hilflosigkeit. Es sei schon viel unternommen worden. «Bislang hat aber alles nichts genützt», sagt Kieliger. «Es artet einfach immer wieder aus.»