Aus für Neonazi-Treffen mit Schweizer Beteiligung

St. Galler Tagblatt; 09.08.2013

St. Galler Tagblatt Ausland

Die Neonazi-Organisation «Freies Netz Süd» plante für Samstag ein Open Air in Nordbayern. Ein Gericht hat das Festival nun verboten.

 

Seit Wochen warben rechtsextreme Internet-Portale für das Festival «Europa erwacht», das für den 10. August in der bayrischen Gemeinde Roden geplant war. Angekündigt waren mehrere Redner und Bands aus mehreren Ländern und «Spass für Gross und Klein, mit Trampolin sowie Infoständen und mehr». Am Mittwoch hat nun das Verwaltungsgericht Würzburg das Festival verboten. Begründung: Der Veranstaltungsort sei «völlig ungeeignet», weil er von Rettungswagen und Feuerwehr nicht angefahren werden könne. Zuvor hatte die Gemeindebehörde das Festival aufgrund einer Gefahrenprognose der Polizei untersagt, wie die «Main-Post» berichtete. Die Veranstalter waren dagegen vor Gericht gezogen.

Bei Novartis entlassen

Als Festival-Redner angekündigt war unter anderem der Schweizer Philippe Eglin. Der 25-Jährige ist ehemaliger Vorstand der Basler PNOS (Partei National Orientierter Schweizer) und gilt als einer der aktivsten Schweizer Rechtsextremen. Bekannt wurde er unter anderem, als er 2010 wegen Rassendiskriminierung zu einer unbedingten Geldstrafe über 10 800 Franken verurteilt wurde, nachdem er das «Tagebuch der Anne Frank» als Lüge bezeichnet hatte. Bereits 2009 hatte Eglin seine Stelle bei Novartis verloren. Der Pharmakonzern begründete die Entlassung mit der «Unvereinbarkeit der Novartis-Ethik und den öffentlich vorgebrachten politischen Ansichten» von Eglin.

Vom Gericht zurückgepfiffen

Das Festival in Roden war offenbar auf dem gleichen Privatgelände geplant, wo bereits 2011 der «Frankentag» stattgefunden hatte. Die Gemeindebehörden versuchten schon damals, das Treffen zu verbieten, wurden aber vom Gericht zurückgepfiffen.

Dass die Richter dieses Jahr anders entschieden haben, liegt wohl nicht zuletzt am politischen Klima. Seit dem Auffliegen der Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund hat sich die Debatte um ein Verbot rechtsextremer Gruppierungen verschärft. Laut Beobachtern sind seither sogenannte freie Kameradschaften aktiver geworden. Das «Freie Netz Süd», Organisatorin von «Europa erwacht», vereint mehrere Kameradschaften und gilt laut dem bayrischen Verfassungsschutz als grösstes rechtsextremes Netzwerk in Bayern.

Als Reaktion auf das Verbot in Roden haben Aktivisten des «Freien Netz Süd» für morgen Samstag zu einer Kundgebung in der Gemeinde aufgerufen. Linke Gruppierungen haben gleichzeitig eine Gegenkundgebung angekündigt.