Auf dem rechten Auge erblindet?

Blick

BERN. Erstaunlich, dass Spitzel Urs von Daeniken (54) überhaupt noch auf seinem Posten ist: Er hat sich viele Flops geleistet. Doch seit Blocher Bundesrat ist, spürte er Aufwind.

Die Türken-Affäre allein hätte den Chef des Inlandgeheimdienstes DAP im Bundesamt für Polizei den Kopf kosten müssen.

Im Herbst 2003 legte von Daeniken seiner damaligen Chefin Ruth Metzler (CVP) Informationen des berüchtigten türkischen Geheimdienstes vor. Aussenministerin Micheline Calmy-Rey (SP) pflege heimliche Kontakte mit «Staatsfeinden» der Türkei. Der damalige Bundespräsident Pascal Couchepin (FDP) berief darauf eine Sondersitzung der Regierung ein. Der Grund dafür wurde Calmy-Rey verheimlicht.

Es zeigte sich, dass das angebliche konspirative Treffen ein Apéro war, bei dem Calmy-Rey von einem kurdischen Flüchtling angesprochen wurde. Sie verwies ihn auf den Dienstweg.

Skandalös: Von Daeniken hatte die Türken-Lügen nicht überprüft. Eine Todsünde für Geheimdienstler.

Seit 1981 ist von Daeniken in der Dunkelkammer der Nation tätig. 1989, als die Fichenaffäre aufflog, war er Stellvertreter von Ober-Fichierer und Bundespolizeichef Peter Huber. Der wurde geschasst, von Daeniken hiess der Nachfolger.

Er überstand bisher auch Flops wie den Fall Achraf, in dem der DAP nicht wie vorgeschrieben die Bundesanwaltschaft einschaltete (siehe Artikel Seite 4). Resultat: Der in Ausschaffungshaft sitzende Terrorist kam beinahe frei.

Von Daeniken kann sich auch Aussagen wie jene in der «Neuen Zürcher Zeitung» im Vorfeld der Rütli-Schande am 1. August leisten. Die Rechten, beruhigte er, seien mit dem 1. August durch nationale Gefühle verbunden und würden sich um eine gewaltfreie Durchführung bemühen.

Schon fast eine Seligsprechung der braunen Brut, die darauf die Bundesfeier mit Naziparolen und Beschimpfungen an SVP-Bundespräsident Samuel Schmid beschmutzte.

Zuspruch erhielt er diese Woche von SVP-Justizminister Christoph Blocher. «Der gefährlichste Auftritt am 1. August war nicht auf dem Rütli, sondern in Winterthur.» Dort trat Blocher selbst als Redner auf. Und: «Der Linksextremismus ist von der polizeilichen Gefährdung her gefährlicher als der Rechtsextremismus.»

Wenn Rechtsextreme wie unlängst in Sursee Passanten verprügeln, hat das ja nichts mit «polizeilicher Gefährdung» zu tun.

Ob solch schiefer Optik erstaunt, was von Daeniken 1994 in einem Interview sagte: «Die rechtsextreme, rassistische und faschistische Szene ist gefährlich. Auch deshalb, weil unter dem Eindruck von Altrechten und Neurechten vor allem bei Skins die Bereitschaft vorhanden ist, Gewalt anzuwenden.»

«Nein», sagte er auf die Frage, ob es keinen Rückfall in den Fichenstaat gebe.

Altrechte und Neurechte. Seit Anfang 2004 ist Christoph Blocher Bundesrat und EJPD-Chef. Nicht nur ist von Daeniken, der privilegierten Zugang zum Chef hat, auf rechts wieder erblindet. Er träumt auch wieder vom totalen Überwachungsstaat.

Gestern stoppte Blocher die Pläne. Ob von Daeniken ausgeträumt hat, ist eine andere Frage.