An der 1.-August-Feier auf dem Rütli wird dieses Jahr keine Bundesrätin und kein Bundesrat reden, sondern wie früher ein Lokalpolitiker. Zutritt hat man trotzdem nur mit einem Ticket.
Von Thomas Bolli
Es war eine fröhliche 1.-August-Feier, als sich die Leute im letzten Jahr rund um Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey und Nationalratspräsidentin Christine Egerszegi auf dem Rütli versammelten. Im Vorfeld allerdings stritten die Verantwortlichen ausgiebig über das Wer und das Wie. Zwischenzeitlich war die Feier gar abgesagt, und unmittelbar nach dem Festakt explodierte auf der Nationalwiese ein Knallkörper, ebenso in Briefkästen von drei Verantwortlichen der Rütlifeier. Und: Die Rechtsextremen markierten am Sonntag nach dem 1. August mit einer eigenen Feier ungestört Präsenz auf dem Rütli.
2008 soll das Rütli ohne Aufregungen bleiben. Die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft (SGG), respektive deren Rütlidelegation hat bereits jetzt und demonstrativ gut gelaunt das Programm bekannt gegeben. «Wir wünschen uns eine würdige, schöne und attraktive Feier, es geht nicht um Personen, sondern um Inhalte», erklärte Alt-Bundeskanzlerin und SGG-Präsidentin Annemarie Huber-Hotz in Zürich vor den Medien.
Josef Dittli, ein profilierter Urner
Die wichtigste Neuerung gegenüber dem Vorjahr: Es wird kein Mitglied der Landesregierung auf der Rütliwiese auftreten. Vielmehr wird, wie das während Jahren Tradition war, wieder eine Persönlichkeit aus der Zentralschweiz die Festrede halten. Heuer ist es Josef Dittli. Dittli ist Urner FDP-Regierungsrat und hat sich bei den Querelen rund ums Rütli als unerschrocken profiliert, obwohl einer der Anschläge seinem Briefkasten gegolten hatte.
Gleich wie 2007 wird auch dieses Jahr nur Zutritt aufs Rütli haben, wer sich ein Ticket besorgen kann. Sie können ab Mitte Juni bei der SGG bestellt werden. Die Zahl der Besucher ist aus Sicherheitsgründen beschränkt. Die Schiffe werden auch diesmal nicht in Brunnen ablegen, sondern in Luzern, wo die Zusteigenden kontrolliert werden. Für die Organisation dieser Kontrollen ist die SGG zuständig. Die Polizeikorps der Zentralschweiz haben aber für die Sicherheit zu sorgen.
Neu werden die Besucher nach der Feier mit Pendelschiffen über den See nach Brunnen zurückfahren können – Brunnen hatte sich 2007 geweigert, seine Schiffsstege zur Verfügung zu stellen. «Ich hoffe, wir haben jetzt den Turnaround geschafft», sagt Annemarie Huber-Hotz.
In Uri ist eine kantonale Initiative hängig. Sie verlangt, dass das Rütli in der Kantonsverfassung zur bundesfeierfreien Zone erklärt wird. Einzige Ausnahme soll sein, wenn der Gemeinderat von Seelisberg, auf dessen Gebiet die Nationalwiese liegt, selber ein Fest ausrichtet. Zudem sollen keine ausserkantonalen Festredner mehr auftreten dürfen. Über die Rechtmässigkeit der Initiative muss das Urner Kantonsparlament erst noch entscheiden.
Aktive Rechtsextreme
Ob das Rütli dieses Jahr für die Rechtsextremen weniger attraktiv ist, darf bezweifelt werden. Sie treten generell vermehrt an Feiern auf, an denen die alte Eidgenossenschaft geehrt wird. So sind sie etwa in grosser Zahl zur Schlachtfeier in Sempach LU aufmarschiert, oder sie organisierten Anfang April 2008 im Glarnerland einen gemeinsamen Auftritt aus Anlass der so genannten Näfelser Fahrt.
Der Mann, der verdächtigt wird, am 1. August den Sprengsatz auf dem Rütli gezündet zu haben, sitzt übrigens nach wie vor in Haft.