Der Landbote. Neonazis in Winterthur. Dem FC Winterthur wurde ein Transparent gestohlen, offenbar von der rechten Gruppe NJS. Diese wird von der Stadtpolizei beobachtet, die Grösse der Gruppierung ist aber unklar.
Zehn Mitglieder der rechtsextremen Gruppierung «Nationalistische Jugend Schweiz NJS», die mit Sturmhauben auf dem Sulzerareal posieren, zwischen dem ZHAW-Architekturgebäude und der Bühnerei. Antisemitische und rassistische Äusserungen auf den sozialen Medien und entsprechende Aufkleber, die in der Nähe des Hauptbahnhofs verteilt wurden. Die Tamedia-Zeitungen machten kürzlich die Umtriebe einer bisher nicht bekannten Neonazi-Gruppe publik. Wie aktiv die NJS in Winterthur ist und wie viele Mitglieder sie in Stadt und Region tatsächlich hat, bleibt unklar. Die Stadtpolizei bestätigt nun aber erstmals: «Die Gruppierung in der Region Winterthur ist der Polizei bekannt.» Aus taktischen Überlegungen will die Polizei allerdings die gesammelten Erkenntnisse zur Gruppe nicht öffentlich kommunizieren.
Die lokale rechtsextreme Szene schätzt die Stadtpolizei «nach wie vor als klein» ein. «Sie kann vereinzelt in Erscheinung treten.» Eine Problematik liege darin, dass sich «orientierungslose Jugendliche aus der Region Winterthur für extremistisches Gedankengut zu interessieren beginnen». Neben Repression setze die Stadtpolizei daher vor allem auf Prävention, beispielsweise durch die Jugendpolizei.
Klar ist, dass die NJS am 1. Mai ein Transparent von einem besetzten Haus in Töss gestohlen hat und es als Beute auf Instagram präsentierte. Laut der linksextremen Website barrikade. info, die einem in der Region wohnhaften Mitglied der NJS aktuell mit der Publikation seines Namens droht, soll es zudem unter anderem zu «mehrfachem Diebstahl und Sachbeschädigungen bei/an Privathäusern in Winterthur» und zu «Heil-Hitler-Rufen in der Winterthurer Öffentlichkeit» gekommen sein.
Den FCW bestohlen
Bestätigt ist, dass auch der FC Winterthur zur Zielscheibe wurde. FCW-Geschäftsführer Andreas Mösli sagt, dass am Abend des 1. Mai ein rund acht Meter langes offizielles Club-Transparent gestohlen wurde, das am Aussengitter des Stadions aufgehängt war. «Wir gehen aufgrund mehrerer Informationen davon aus, dass es die in den Medien beschriebene Gruppierung NJS war. Offenbar fanden an diesem Abend auch noch weitere Aktionen in Winterthur statt.»
Mösli plant nun eine Anzeige bei der Polizei: «Wir haben zuerst selber etwas recherchiert, aber wir wollen natürlich unser Transparent zurück und auch ein Zeichen setzen.» Weil der Verein sich gegen Rassismus einsetzt, sei er auch ein symbolisches Ziel von Rechtsextremen: «Es ist wichtig, zu sehen, dass es sich hier nicht einfach um jugendlichen Unfug handelt.» Verschiedene FCW-Fans hätten schon «negative Erfahrungen» mit der Gruppierung gesammelt. Ins Detail geht Mösli nicht, ihm sei auch nicht bekannt, wie viele Mitglieder tatsächlich aus Winterthur stammen oder in Winterthur aktiv sind.
Likes aus Deutschland
Mitglieder der «Nationalistischen Jugend Schweiz» sollen teilweise im gleichen Fitnessclub trainiert haben wie die vor ein paar Jahren ins Visier der Justiz geratenen Besucher der geschlossenen An’nur-Moschee. Auf Anfrage weiss man beim Fitnessclub nichts von der Gruppe und verweist darauf, dass man die Räumlichkeiten auch untervermiete.
Die NJS hat unterdessen mehrere Social-Media-Profile gelöscht. Ein von der Gruppe verfasster Text findet sich allerdings noch auf der Facebook-Seite einer anderen rechtsextremen Gruppierung aus dem Kanton Schwyz. «Gesunder Körper, hartes Training, Einstehen für Volk und Vaterland» – so lauten ein paar Stichworte aus dem Text.
Über die Grösse der NJS sagt allerdings auch dieser Post nicht viel aus, die meisten der rund 50 Likes stammen von teils einschlägigen Facebook-Profilen aus Deutschland.
Fragen an die Fachstelle
Bei der Winterthurer Fachstelle Extremismus und Gewaltprävention FSEG gingen seit letztem Herbst drei neue Anfragen bezüglich Rechtsextremismus ein. Dabei ging es laut Fachstellenleiter Urs Allemann um ein Social-Media-Profilbild mit Hakenkreuz, rechtsextreme Symbole auf Kleidungsstücken, fremdenfeindliche Äusserung und Drohung gegen Muslime sowie antisemitische, verschwörungstheoretische Äusserungen eines Schülers. Zudem kümmerte sich die Fachstelle um die «Präventionsberatung für einen Kampfsportverein». «Ein Fall war sicherheitsrelevant und wurde der Polizei gemeldet», sagt Allemann. Zu konkreten Gruppen wie der NJS äussert sich die Fachstelle nicht.