Medienmitteilung der Antifa Bern
Sehr geehrte Damen und Herren
Die Antifa Bern, als Teil des „Bündnis Alle gegen Rechts“, beteiligt sich an der Durchführung der Demonstration vom kommenden Samstag. Uns ist es wichtig, einige Statements zu den Forderungen der CVP sowie einen Brief der Stadtpolizei zu beantworten. Zum Schluss möchten wir einen letzten Aufruf starten, damit am 2. März über unsere Inhalte und nicht über Gewalt diskutiert wird.
Stellungsnahme zum Aufruf der CVP (Siehe Beilage)
Die CVP fordert, dass eine weitere „gewalttätige“ Demonstration mit „allen Mitteln“ verhindert werden muss. Die Antifa Bern arbeitet auch auf einen friedlichen Abendspaziergang hin. Unser Ziel ist klar: Wir wollen am 1. März ein kraftvolles Zeichen für eine tolerante Welt ohne Ausbeutung, Unterdrückung, Sexismus und Rassismus setzten. Wir wissen genau, dass unsere Inhalte durch Ausschreitungen in den Hintergrund gedrängt werden, aus diesem Grund liegt es in erster Linie in unserem Interesse, dass diese Demonstration ohne Scherben über die Bühne geht.
Wie oben schon erwähnt, versteht sich die Antifa Bern als Teil des Bündnis Alle gegen Rechts. Da dieses Bündnis eine basisdemokratische Struktur aufweist, liegt es nicht allein in unserer Kompetenz über Verhandlungen zu entscheiden oder an solchen teilzunehmen. Verhandlungen mit dem Gemeinderat würden sich, infolge der ungleichen Machtverhältnisse, asymetrisch und zu Gunsten des Gemeinderates entwickeln. Würden sich die Verhandlungen nur auf den so genannten „schwarzen Block“ und mögliche Ausschreitungen konzentrieren, wären diese unsererseits überflüssig, da wir, wie bereits betont wurde, Inhalte ohne die befürchteten Ausschreitungen vermitteln möchten.
Aus den oben genannten Gründen erübrigt sich auch eine Verschiebung der Demonstration. Genau wie der FC Basel vor einem Fussball-Match keine Garantie geben kann, dass es zu keinen Ausschreitungen kommt, kann auch die Antifa Bern die von der CVP geforderte „Sicherheitsgarantie“ nicht abgeben. Mit der Forderung „potentielle Randalierer“ vorzeitig in Gewahrsam zu nehmen, trägt die CVP sicher keinen Teil zur Beruhigung der Lage bei.
Stellungsnahme zum Brief der Stadtpolizei Bern (Siehe Beilage)
Ausnahmsweise können wir uns mit einem grossen Teil des Briefes der Stadtpolizei einverstanden erklären. Wir begrüssen die für den Abendspaziergang geplante „zurückhaltende“ Taktik der Stadtpolizei Bern. Ebenso begrüssen wir das von ihnen bekundete Interesse, „dass der Abendspaziergang ein Anlass wird, an dem die politischen Botschaften den Mittelpunkt bilden, und dass nicht Schlagzeilen über Ausschreitungen im Vordergrund stehen werden“.
Die Aussage der Stadtpolizei sie werde „einen lautstarken, kraftvollen und selbstdisziplinierten Antifa-Abendspaziergang zulassen“ ist allerdings mit Vorsicht zu geniessen und lässt sich erst im Nachhinein bestätigen!
Einzig auf die Forderung mit ihnen in Verbindung zu treten, können und wollen wir nicht eingehen. Wir verstehen uns als Teil des Bündnis Alle gegen Rechts, welches basisdemokratisch organisiert ist. Aus diesem Grund können Entscheidungen über mögliche Verhandlungen nicht von der Antifa Bern alleine getroffen werden.
Aufruf an die DemonstrantInnen
Wir teilen die Kritik an den HERRschenden Verhältnissen. Wichtig ist aber die Einsicht, dass zerschlagene Scheiben weniger zu einer Veränderung der Gesellschaft führen als klar formulierte Kritik und Vermittlung von unseren Inhalten. Ein Scherbenhaufen wird genutzt um die Repression gegen die ausserparlamentarischen Linken zu verstärken und eine inhaltlichen Diskussion zu vermeiden. In diesem Sinne rufen wir zu einer lauten, kraftvollen und farbigen Demonstration auf und hoffen, dass die DemonstrantInnen der Polizei keinen Grund liefern die Demonstration anzugreifen.
Beilagen:
Brief der Stadtpolizei Bern
Stadtpolizei Bern Waisenhausplatz 32 Postfach 3000 Bern 7
Telefon 031 321 21 21 Fax 031 321 43 37 stadtpolizei@bern.ch www.bern.ch
Antifa Bern Postfach 5053 3001 Bern
Bern, 24. Februar 2003
4. Antifaschistischer Abendspaziergang von Samstag, 01. März 2003
Sehr geehrte Damen und Herren
Im Nachgang zur Anti-Wef-Demo vom 25. Januar 2003 gelangen Sie mit einer Medienmitteilung an die Medienschaffenden und damit auch an den Mediendienst der Stadtpolizei Bern.
Wir haben Ihre Meinung zu den Vorkommnissen vom 25. Januar 2003 zur Kenntnis genommen.
Wir nehmen Ihre Aussage, am 1. März 2003 eine friedliche, kraftvolle und farbige antifaschistische Demonstration mit gleichzeitigem Aufruf zur Besonnenheit durchführen zu wollen, ernst. Die Stadtpolizei Bern hat bis heute eine sehr zurückhaltende Taktik auch bei unbewilligten Demonstrationen ausgeübt. Grundsätzlich sehen wir keinen Anlass, von diesem bewährten Vorgehen abzukehren.
Nehmen Sie zur Kenntnis, dass die Polizei alles Interesse hat, dass der Abendspaziergang ein Anlass wird, an dem die politischen Botschaften den Mittelpunkt bilden, und dass nicht Schlagzeilen über Ausschreitungen im Vordergrund stehen werden. Die Polizei wird einen lautstarken, kraftvollen und selbstdisziplinierten Antifa-Abendspaziergang zulassen. Zu Sachbeschädigungen, wie sie anlässlich des 3. Antifa-Abendspazier-ganges und der WEF-Demo verübt wurden, darf es jedoch nicht kommen. Angesichts dieser Vorkommnisse kann die Polizei aus Sicht der Bevölkerung derart Gewaltanwendung nicht dulden.
Eine gewalttätige Demonstration kann weder in Ihrem noch in unserem Interesse liegen. Wir laden Sie daher ein, mit uns in Verbindung zu treten, damit in einem Gespräch gemeinsam die Massnahmen festgelegt werden können, um eine gewaltfreie Demonstration durchführen zu können.
Mit freundlichen Grüssen
Aufruf der CVP
Christlichdemokratische Volkspartei CVP der Stadt Bern
Daniel Kast Stadtrat CVP Berchtoldstrasse 50 3012 Bern Tel 302 63 24
Bern, 23. Februar 2003
Aufruf der CVP an die Antifa und den Gemeinderat
Eine weiter gewalttätige Demonstration muss mit allen Mitteln verhindert werden. Wir wollen keine Schlägerei in unserer Stadt. Bern ist auch unser Lebensraum!
Die CVP der Stadt Bern ruft die Antifa auf, den Antifaschistischen Abendspaziergang vom nächsten Samstag abzusagen und auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben oder einen Ordnungsdienst aufzustellen und dem Gemeinderat Sicherheitsgarantien abzugeben.
Sie ruft den Gemeinderat und die Antifa auf durch Verhandlungen auf eine Deseskalation hinzuarbeiten.
Falls sich trotzdem eine gewalttätige Demonstration abzeichnet, muss die Polizei potentielle Randalierer, beispielsweise die Leute vom angekündigten Black Block vorzeitig in Gewahrsam nehmen.
Die CVP der Stadt Bern
Daniel Kast, Stadtrat